Nein, es geht nicht in diesem Artikel um Grammatik. Es geht in Wirklichkeit um den Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium, zwischen Gehorsam und Gnade.

Zwar sind Gesetz und Evangelium gegensätzlich. Das heißt aber nicht, dass das Gesetz ausschließlich dem Alten Testament gehört und das Evangelium dem Neuen. Viel zu oft denken Christen: ich verabscheue Gesetzlichkeit. Christus hat mich zur Freiheit berufen. Ich fühle mich deshalb eher als begnadigter Sünder, der jetzt frei vom Gesetz ist. Wenn Christen das sagen, wollen sie damit betonen, dass sie den Glauben nicht in erster Linie als Einhaltung von Regeln oder Traditionen sehen, sondern dass sie von der Gewissheit leben, dass Gott ihnen in Jesus Christus ihre Sünden vergeben hat. Gesetzlichkeit lässt keine Vergebung zu und spielt deshalb eine negative Rolle.

So einfach ist es aber nicht in der Schrift formuliert. Klar ist, dass Gesetzlichkeit und Frömmigkeit aus uns keine Gerechten machen. Wir können aber auch nicht sagen, dass wir mit dem Gesetz nichts mehr zu tun haben, nur weil Paulus sagt, dass wir nicht mehr „unter dem Gesetz“ sind (Römer 6,14). Der selbe Paulus spricht auch im Römerbrief von dem Gehorsam des Glaubens, zu dem die Heiden berufen sind (Römer 1,5 und 16,26). Erstaunlicherweise lässt sich Glaube auch als Gehorsam und Einhaltung der Gebote Gottes definieren, weil mit dem Glaube keine einfache Berücksichtigung einer Nachricht gemeint ist, sondern ein Leben ganz und gar für Gott. Jesus hat auch gesagt: Wer mich liebt, der wird meine Gebote halten (Johannes 14,15).

Es ist deshalb äußerst wichtig, dass wir zwischen Inperativ und Indikativ unterscheiden. Was meint die Bibel damit?

Ein Imperativ ist was Gott befiehlt und was wir tun sollten. Ein Indikativ ist dagegen was Gott macht und wir annehmen sollten. Das Evangelium ist ein Indikativ, weil es davon spricht, was Jesus für uns getan hat. Wir können dazu nichts beitragen. Wir können nur an diese Tatsache glauben. Buße ist ein Imperativ. Aufgrund dessen, was Jesus getan hat, sollen wir glauben und uns zu Gott bekehren.

Wichtig ist aber, dass Gott uns nicht aufgrund Imperative rechtfertigt, sondern aufgrund eines tatsächlichen Geschehens. Diese gute Botschaft lautet:

Das ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin. 1.Timotheus 1,5

D.h. wir werden nicht aufgrund persönlicher Verdienste vor Gott gerecht, auch aufgrund unserer Glaubensstärke, sondern indem wir für wahr halten, dass Christus für uns am Kreuz gestorben ist. Er hat allen Imperativen Gottes vollkommen gehorcht und ist der einzige, der gerecht vor Gott ist. Wenn wir vom ganzen Herzen glauben, dass er an unserer Stelle gestorben ist, dann spricht uns Gott gerecht.

Jetzt ist es so, dass der Gerechte ohne die Gebote lebt. Das vollkommene Gesetz Gottes mit seinen Geboten, die sich so zusammenfassen lassen: du sollst Gott und den Nächste lieben, sollen unser Leben weiterhin bestimmen.

Wenn es so ist, was meint aber Paulus in Galater 5,18, wenn er sagt:

Regiert euch aber der Geist, so seid ihr nicht unter dem Gesetz.

Ist es nicht so, dass wir das Gesetz nicht brauchen, weil wir den Geist haben?

Ich denke nicht. Was Paulus hier meint, ist, dass unsere menschliche Natur nicht in der Lage ist, dem Gesetz vollkommen zu gehorchen. Ohne den Geist Gottes übt das Gesetz eine negative Herrschaft über uns, weil wir dessen Anforderungen nicht erfüllen können, auch wenn wir es wollen. Mit Gottes Geist aber, den wir durch den Glauben an Jesus empfangen, wenn Gott uns eine neue Natur schenkt, sind wir in der Lage diese Gebote von Herzen zu suchen.

Paulus meint, dass die Verheißung von Hesekiel 36,26-27 sich dann erfüllt, wo Gott verspricht:

Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.

Durch die Wiedergeburt, die wir empfangen, wenn wir an Christus glauben, befähigt uns Gott, durch seinen Geist, die Gebote zu lieben und zu halten, was wir aus eigener Kraft nicht hätten leisten können.

Wir sehen gerade in diesen Versen aus Hesekiel, dass es von Anfang an der Wille Gottes war, dass wir seine Gebote halten.

Die Neuigkeit ist, dass nur der Glaube an Jesus aus uns neue Menschen machen kann.