Was ist der Kernpunkt des christlichen Glaubens? Mit Sicherheit ist es die Auferstehung Jesu. Wenn dieses wichtige Ereignis nie stattgefunden hätte, könnten Christen ihre Koffer packen. Paulus drückt es nicht sehr anders aus:
Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.
1 Korinther 15, 14
Es ist deshalb von höchster Wichtigkeit, dass wir die Zuverlässigkeit der neutestamentlichen Berichte über die Auferstehung Jesu prüfen. Wie viele Kritiker bemerkt haben, gibt es scheinbare Widersprüche zwischen den Auferstehungsberichten in den 4 Evangelien. Wir nehmen uns deshalb in diesem Artikel vor, zu zeigen, dass sich diese Diskrepanzen sehr wohl erklären lassen.
Ergänzung heißt nicht Widerspruch
Was uns zuerst auffallen könnte, ist, dass die Evangelisten uns keine identische Liste von Frauen liefern, die am Ostersonntag am Graben waren. Matthäus spricht von Maria von Magdala und von der anderen Maria; Markus erwähnt Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome; Lukas, der Arzt, gibt uns eine ausführlichere Liste mit Maria von Magdala, Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, und andern mit ihnen; Johannes zitiert nur den Namen von Maria von Magdala.
Was die Engel betrifft, die den Frauen am Grab erschienen sind, Matthäus erwähnt nur einen davon, Markus auch, während Lukas, immer sehr genau, berichtet, dass es zwei Männer mit glänzenden Kleidern waren. Johannes spricht auch von 2 Engel in weißen Gewändern.
Ich möchte ein Beispiel aus dem normalen Leben geben, um zu zeigen, dass wir genauso umgehen, wenn wir über unsre Erlebnisse berichten. Würden Sie mich fragen, was wir (meine Frau und ich) gekauft haben, als wir zuletzt gemeinsam eingekauft haben, dann würde ich sicherlich die tollen Werkzeuge erwähnen, die ich beim Baumarkt gefunden habe und vielleicht würde ich mich daran erinnern, dass wir auf der Rückfahrt voll getankt haben. Meine Frau würde sich über die schicke aber dennoch günstige Kleider, die sie gefunden hat, und könnte noch die Gartenblumen erwähnen, die sie gekauft hat. Hat einer von uns beiden gelogen, wenn er Details weglässt, die der andere erwähnt hat? Nein, natürlich. Sind das widersprüchliche Aussagen? Reden wir vielleicht von 2 unterschiedlichen Tagen? Die Antwort ist negativ. Jeder hat von den Dingen gesprochen, die er für wichtig hielt und hat andere Geschehnisse vergessen, weil sie ihm überflüssig erschienen. Wenn wir vor einem Gericht ausgesagt hätten, hätten wir uns sicherlich mehr angestrengt. So in den Evangelien: die Autoren waren nicht verpflichtet, jede Einzelheit akribisch zu beschreiben. Da sie auch keine direkten Zeugen waren, haben sie möglicherweise verschiedene Quellen benutzt und Dinge weggelassen, die in ihrem Sinne nicht wesentlich waren oder worüber sie keine genauere Details hatten.
Die Reihenfolge der Ereignisse muss nicht unseren heutigen Denkmustern entsprechen
Problematischer scheint die chronologische Reihenfolge der Ereignisse. Laut Matthäus, wenn die Frauen am Grab ankommen, findet ein Erdbeben statt, das die Wächter erschreckt. Die Frauen bekommen von dem Engel den Befehl zu den Jünger zurückzukehren und ihnen die gute Nachricht der Auferstehung zu sagen. Sie treffen Jesus auf dem Weg.
Markus berichtet, dass die Frauen, als sie kamen, ein leeres Grab gefunden haben. Der Engel befiehlt ihnen auch die Apostel zu benachrichtigen, aber nur von Maria von Magdala wird berichtet, dass sie Jesus gesehen hat.
Lukas erzählt ungefähr die gleiche Geschichte wie Markus aber er berichtet von keiner Begegnung mit Jesus.Darüber hinaus erwähnt er, dass Petrus zu dem Grab gelaufen ist, nachdem er den Bericht der Frauen gehört hat.
Bei Johannes ist die Reihenfolge ganz anders und das kann uns beunruhigen. Maria von Magdala geht (alleine?) zu dem Grab und findet es leer; sie rennt zurück und benachrichtigt Petrus und Johannes. Diese beiden gehen auch zum Grab und, nachdem sie es leer gefunden haben, kehren ratlos nach Hause. Maria bleibt dort zu weinen und dann begegnet sie zuerst den Engeln und anschließend Jesus.
In welcher genauen Reihenfolge haben diese Geschehnisse stattgefunden? Wir könnten zwar diese Berichte für plausibel erklären und einige chronologischen Fehler zugestehen. Diese Hypothese wollen wir dennoch verwerfen, denn es würde bedeuten, dass das von Gott inspirierte Wort nicht zuverlässig ist.
Möglich ist, dass die Berichte sich auf bestimmte Zwischenhandlungen fokussieren und gewisse andere Gegebenheiten verkürzen oder am Rande erwähnen. Was man auf keinen Fall zulassen sollte, sind krasse Widersprüche.Ich gebe ein Beispiel dazu: Ein Zeuge behauptet, dass A die Person B gesehen hat, während ein anderes Zeugnis gerade das Gegenteil verkündet: A hat niemals B gesehen. Aber dies ist in unseren Berichten nie der Fall.
Ich schlage folgende Reihenfolge vor, obwohl andere Möglichkeiten auch zulässig wären:
- Die Frauen gehen gemeinsam zum Grab und Maria von Magdala gehört dazu.
- Sie stellen fest, dass der Stein weg gerollt wurde und dass der Leichnam Jesus verschwunden ist. Mindestens eine von den Frauen geht zu den Jüngern zurück (darunter Maria von Magdala). Ihnen begegnet Jesus noch nicht, denn Maria sagt in Johannes 20, 2: sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
- Petrus und Johannes gehen zum Grab, wo die anderen Frauen warten, und stellen auch fest, dass der Leichnam verschwunden ist. Sie kehren zurück.
- Die Frauen gehen wieder in das Grab und sehen dann die 2 Engel, die ihnen befehlen, die Nachricht der Auferstehung Jesu zu verkünden.
- Maria von Magdala ist die Erste, die Jesus draußen sieht. Die anderen Frau sind dann auch Zeugen.
- Sie alle gehen zu den Jüngern, aber diese glauben ihrem Bericht nicht.
- Zwar berichtet Lukas, dass anscheinend Petrus zum Grab nach diesem Zeugnis gegangen ist, aber dies kann auch vorher passiert sein. Die griechische Partikel „δε“ bedeutet nicht unbedingt „danach“.