Der Begriff „Gläubigentaufe“ bezeichnet eine Taufe, die an mündigen Taufbewerbern vollzogen wird. Dieser Begriff ist passender als „Erwachsenentaufe“, weil in der Praxis auch minderjährige Kinder getauft werden. Diese Taufe wird in vielen Freikirchen praktiziert: Baptisten, offene Brüdergemeinden, Pfingstgemeinden… Vertreter der Gläubigentaufe betrachten die Taufe als ein Zeugnis und einmaliges Festmachen der eigenen Glaubensentscheidung vor der Gemeinde. Nach ihrem Standpunkt erfüllt eine Kindertaufe diese Voraussetzungen nicht, weil Säuglinge nicht glauben können. Dies war auch lange meine eigene Position; ich musste sie leider irgendwann revidieren!
Mit der Kindertaufe (wie sie in der reformierten Theologie verstanden wird) wird eine Taufe gemeint, die an Säuglingen von mindestens einem christlichen Elternteil vollzogen wird. Man spricht auch manchmal von Haustaufe, weil man damit ausdrücken will, dass die Taufe ein äußerliches Zeichen für den Bund ist, den Gott mit den Gläubigen schließt, in dem er auch der Gott ihrer Nachkommen sein will. Im Gegensatz zu den Katholiken glauben die Reformierten nicht, dass die Taufe alleine den Täufling rettet! Wiedergeboren wird man nur durch den Glauben!
Über die Bedeutung von „baptõ“ und „baptizõ“
Ein wichtiges Argument der Baptisten gegen die Säuglingstaufe ist, dass für sie das griechische Verb baptizõ „untertauchen“ bedeutet. Die Taufe symbolisiert ein Begrabensein mit Christus und die Auferstehung zu einem neuen Leben. Aus technischen Gründen ist es deshalb schwer möglich, Säuglinge so zu taufen. Das Verb baptõ, von dem baptizõ abgeleitet wird, wurde bei den Griechen vor allem verwendet, wenn man ein Gefäß ins Wasser taucht und anschließend dessen Inhalt umfüllt. Die Bedeutung des Begriffs ist deshalb nicht so eindeutig wie man behauptet und könnte auch eine Taufe durch Übergießen oder Besprengen rechtfertigen.
Zwar taufte Johannes der Täufer nach dem Johannesevangelium 3, 23 in Änon, nahe bei Salim, denn es war da viel Wasser, aber viele andere Stellen zeigen, dass man auch getauft hat, wo nur wenig Wasser vorhanden war, was gegen ein Untertauchen spricht. Wir können davon ausgehen, dass bei der Taufe des äthiopischen Kämmerers in der Wüste durch Philippus, nicht viel Wasser vorhanden war (Apg. 8). Interessanterweise zeigen einige Darstellungen (zum Beispiel die von der Calixtus-Katakombe in 3 Jht), dass die Taufe durch Übergießen oder Besprengen vollzogen wurde.
Die Taufe in der frühen Kirchengeschichte
In ihrer Argumentation gegen die Kindertaufe erwähnen die Baptisten gerne, dass sie die ersten Kirchenväter, die diese Taufe vertreten haben, nicht früher als aus dem 3ten Jahrhundert stammten. Sie erwähnen auch, dass zum Beispiel Tertullian keine Kindertaufe befürwortete.
Das Problem dabei ist, dass wir vor dem 3ten Jahrhundert nicht sehr klare Äußerungen über die Taufe haben. Die Taufe wird zwar erwähnt, aber es wird nicht präzisiert, wie sie administriert wurde. Justin der Märtyrer lebte von ca. 100 bis 165 nach Christus; in seiner Ersten Apologie (Kapitel LXI) vergleicht er die Taufe mit einer Erleuchtung. Für ihn symbolisiert die Taufe die Wiedergeburt. Justin spricht in einem Kontext, indem er den Glauben vor den Heiden verteidigen will. Klar, dass er eine mögliche Kindertaufe nicht erwähnt. Irenäus (135-202) erwähnt auch die Taufe und in seiner Rekapitulationstheorie scheint er zu behaupten, dass kleine Kinder die Früchte der Erlösung empfangen können. Wenn man die Worte von Tertullian (150-230) liest, sieht es so aus, als ob er die Taufe nur für mündige Kinder befürworten würde. Sein Vorbehalt zeigt zumindest, dass die Taufe auch an kleinen Kindern vollzogen wurde. Hippolyt von Rom (170-235) war möglicherweise für die Kindertaufe. Origenes (185-254) spricht sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür aus. Cyprian von Carthago (200-258) war klar dafür.
Die Baptisten behaupten, dass die Kindertaufe spät eingeführt wurde, aber keiner kann sagen, wann genau sie eingeführt wurde. Wenn dies nicht möglich ist, ist es nicht vielleicht deshalb, weil sie immer so praktiziert wurde?
Die Taufe, ein Zeichen des Bundes mit den Gläubigen
Gott handelt in der Geschichte der Menschen im Rahmen von Bünden. Jeder Bund, den Gott schließt, hat auch sichtbare Zeichen. Mit Adam und Eva schloss er einen Bund, der durch den Baum des Lebens veranschaulicht wurde. Durch den Ungehorsam unserer ersten Vorfahren wurde dieser Bund gebrochen, aber Gott versprach sofort Rettung durch die Nachkommenschaft der Frau (Andeutung auf Christus). Mit Abraham schloss Gott erneut einen Bund, um sein Versprechen wahr zu machen, dessen sichtbares Zeichen die Beschneidung war.
Wenn das Neue Testament vom Alten Bund spricht, dann ist nicht die ganze Zeitperiode vor Christus gemeint, sondern vorwiegend der Bund mit Israel am Sinai. In Jesus Christus schließt Gott einen Neuen Bund; dadurch ist der mosaische Bund hinfällig. Die Zeichen des Neuen Bundes sind die Taufe und das Abendmahl.
Die Baptisten betonen den Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bund. In dem Alten Bund, sagen sie, waren nicht alle wiedergeboren. Dagegen wird der Neue Bund nur mit denjenigen geschlossen, die durch den Heiligen Geist Kinder Gottes geworden sind. Die Merkmale des Neuen Bundes werden zum Beispiel in Jeremiah 31, 33-34 klar beschrieben:
Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.
Daraus ist es für sie klar, dass diejenigen, mit denen der Neue Bund geschlossen wird, ALLE den Herrn kennen. Der Hebräerbrief zeigt uns aber, dass es für einige möglich ist, doch diesen Bund zu brechen:
Eine wie viel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht? Hebräer 10, 29
Deshalb schließt Jeremiah 31 die Möglichkeit nicht aus, dass einige doch den Bund brechen. Aber insgesamt wird dieser Bund nicht scheitern, wie der alte.
Was die Baptisten auch möglicherweise nicht erkannt haben, ist, dass der Gnadenbund damals bereits vorhanden war, obwohl dessen Merkmale nicht so ausdrücklich formuliert wurden. Denn was war mit dem Bund, den Gott mit Abraham geschlossen hatte? Im 1 Mose 17 lesen wir, dass es sich um einen ewigen Bund handelt. Wie könnte dieser Bund durch einen neuen überholt werden, wenn er ewig ist? Das äußere Zeichen dieses abrahamischen Bundes war bereits die Beschneidung. Der abrahamische Bund ist laut dem Galaterbrief immer noch in Kraft. In Galater 3, 8 wird sogar gesagt, dass in ihm die Gute Nachricht versprochen wurde:
Die Schrift aber hat es vorausgesehen, dass Gott die Heiden durch den Glauben gerecht macht. Darum verkündigte sie dem Abraham (1.Mose 12,3): »In dir sollen alle Heiden gesegnet werden.«
Mit dem Alten Bund ist hauptsächlich der Gesetzesbund gemeint, den Gott mit dem Volk Israel am Sinai geschlossen hat. Hauptzeichen dieses Bundes waren die Vorschriften des Zeremonialgesetzes (insbesondere die Tieropfer und das Passalamm). Die Beschneidung wurde zwar im Gesetz Moses bestätigt, aber die gab es schon vor Mose.
Die Beschneidung symbolisiert die Beschneidung des Herzens, d.h. die Wiedergeburt. Die Taufe hat genau die gleiche Bedeutung; deshalb hat im Neuen Bund die Taufe die Beschneidung ersetzt. Diese Wahrheit wird deutlich im Kolosserbrief 2, 11-12 unterstrichen:
In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung, die nicht mit Händen geschieht, als ihr nämlich euer fleischliches Wesen ablegtet in der Beschneidung durch Christus. Mit ihm seid ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten.
Weil die Kinder der Israeliten beschnitten wurden in der Hoffnung auf eine spätere Wiedergeburt, dürfen auch die Kinder der Christen getauft werden.
Die Baptisten betonen, dass die Beschneidung keine Garantie für die Wiedergeburt der Israeliten war. Jeder Israelit wurde beschnitten und doch hielten sich nicht alle an dem Bund mit Gott. Schon gut, aber wer garantiert dass die Gläubigentaufe das äußere Merkmal einer Wiedergeburt ist? Es ist nicht weil man den Glauben an Jesus bekennt, sich taufen lässt, dass man in der Tat wiedergeboren ist.
Die biblischen Stellen über Haustaufen
Die Meinung der Baptisten ist, dass bei allen Stellen, wo gesagt wird, dass ein Neubekehrter und sein ganzes Haus getauft wurden, Säuglinge nie erwähnt werden. Dagegen sagen die Reformierten, dass wenn es üblich war, dass das ganze Haus getauft wurde, dann waren bestimmt auch kleine Kinder darunter.
Die Einen argumentieren so, die Anderen so: Wer hat Recht? Ein Punkt wird dabei leicht übersehen: Warum wird im griechischen Text der Begriff „Oikos“ (Haus) verwendet? Wenn der Schreiber betonen wollte, dass nur Gläubigen getauft wurden, warum verwendet er gerade diesen Begriff, der das familiäre und verwandtschaftliche Gefüge meint, zu dem ein Mensch von Geburt an gehörte. Zu dem Oikos gehörten sowohl Verwandte, als auch Sklaven und Bedienstete. Wenn zum Beispiel ein Sklave in einer jüdischen Familie geboren wurde, wurde er auch beschnitten.
Wer waren die ersten Christen? Das waren Juden, selbstverständlich. Die Juden lebten mit der Gewissheit, dass der neue Bund, den Gott mit ihnen schließen wollte, auch ihre Kinder betraf. Dieser Gedanke wird klar ausgedrückt, wenn Petrus in Apostelgeschichte 2, 39 zu seinem Volk sagt: Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.
Hier versuchen leider die Baptisten, etwas anderes als den Segen an die Nachkommen zu sehen. Wenn die Taufe nicht für die Kinder geeignet gewesen wäre, dann hätte dieser Punkt eine Diskussion unter den jüdischen Christen ausgelöst. Dass das nicht erwähnt wird, ist ein Zeichen dafür, dass man doch Kinder getauft hat, weil man sie zu dem Bund zählte.
Sonstige Stellen angeblich gegen die Kindertaufe
Wenn Jesus seinen Aposteln den Missionsbefehl erteilt, befiehlt er ihnen, Jünger zu machen, dann sie zu taufen und alles zu lehren, was er befohlen hat (Matthäus 28, 19). Das, betonen die Baptisten, ist ein klarer Hinweis dafür, dass Taufe und Glaube zusammen gehören. Dazu sagen wir, dass es nicht darum geht, Unwissenden zu taufen, damit sie gerettet werden. Mündige Menschen können nur aufgrund ihres Bekenntnisses getauft werden. Die Kindertaufe gilt nur für Kinder von Gläubigen. Warum es so ist, haben wir bereits erklärt.
Eine wichtige Stelle, die immer erwähnt wird, ist 1 Petrus 3. 21: Das ist ein Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet. Denn in ihr wird nicht der Schmutz vom Leib abgewaschen, sondern wir bitten Gott um ein gutes Gewissen, durch die Auferstehung Jesu Christi…
Wenn wir in der Taufe um eine gutes Gewissen bitten, dann kann sich diese Handlung nur auf Menschen beziehen, die die Bedeutung der Taufe verstehen. Das passt nicht zu kleinen Kindern, oder?
Wie sollen wir diesen Vers verstehen? Er bedeutet einfach, dass wenn jemand durch Jesu Blut gereinigt wurde, ihm die Gewissheit geschenkt wird, dass er begnadigt wurde, gerade weil Jesus auferstanden ist. Wiederum sind wir hier in der Situation von einem Menschen, der zum Glauben kommt. Das macht die Verheißung Gottes für seine Familie nicht hinfällig.
Schlussgedanken
Geben die reformierte Theologen der familiären Solidarität nicht zu viel Gewicht? Steht nicht in 1 Korinther 7: Denn was weißt du, Frau, ob du den Mann retten wirst? Oder du, Mann, was weißt du, ob du die Frau retten wirst? und wiederum in Lukas 12, 53: Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
Es mag sein, aber auf der anderen Seite lesen wir in 5 Mose 30, 6:
Und der HERR, dein Gott, wird dein Herz beschneiden und das Herz deiner Nachkommen, damit du den HERRN, deinen Gott, liebst von ganzem Herzen und von ganzer Seele, auf dass du am Leben bleibst.
Siehe auch www gottessohn.ch