Eheschließung vor dem Standesamt… und vor der Kirche?

Wir erleben heute mit der sog. „Ehe für alle“ eine maßgebliche Neudefinition der Ehe durch die öffentliche Gewalt. Was bisher in den meisten Kulturen (auch nicht unbedingt judeochristlich) als Union zwischen einem Mann und einer Frau verstanden wurde, wird auf andere Formen von Lebensgemeinschaften erweitert: homosexuelle Lebensgemeinschaften zum Beispiel.

Es gibt viele Gründe dafür:
– die Gesellschaft ändert sich und die Infragestellung des traditionellen Bildes von Ehe und Familie sollte kein Tabu mehr sein. Das „biblische“ Verständnis der Ehe ist nur eine Auffassung unter vielen anderen (Pluralismus).
– Warum sollten dauerhafte homosexuelle Partnerschaften nicht die rechtlichen Vorteile der klassischen Ehegemeinschaft genießen? Warum sollten diese Menschen benachteiligt werden?
– Wenn die Eheschließung die Liebe zwischen zwei Menschen versiegeln soll, warum passt diese Handlung nicht zu homosexuellen Paaren, die sich wirklich lieben und Treue versprechen?

Diese Argumente lassen sich irgendwie begründen. Sie stellen dennoch grundsätzlich in Frage, was die Bibel über die Ehe lehrt.

Sollte diese Ablehnung der biblischen Prinzipien ein ausreichender Grund für Christen sein, die standesamtliche Eheschließung abzulehnen und nur in der Kirche „vor Gott“ zu heiraten? In einigen angelsächsischen Ländern ist es so, dass Pastoren befugt sind, eine standesamtliche Trauung zu vollziehen. In Deutschland und in den meisten europäischen Ländern ist es bisher nicht der Fall. In Deutschland wird z.B. eine kirchliche Trauung, die vorher nicht standesamtlich vollzogen wurde, zwar erlaubt aber nicht als rechtskräftig anerkannt.

Andererseits sind immer mehr Christen der Meinung, dass die standesamtliche Eheschließung ausreichend sei und eine „kirchliche“ Trauung nicht in der Bibel begründet. Diese wichtige Frage wollen wir auch in diesem Artikel beantworten: Wann beginnt Ehe? Beginnt sie vor dem Standesamt oder nachdem die Gemeinde ihren Segen gegeben hat?

Wir wollen uns vor allem der Frage widmen, ob Ehe durch Naturrecht oder Gesellschaftsrecht definiert wird, oder ob sie eine göttliche Institution ist, die unveränderlich ist und die öffentliche Gewalt schützen sollte.

Die biblische Definition der Ehe

Auch wenn die Ehe zum Naturrecht gehört (d.h. sie lässt sich in vielen Systemen moralphilosophisch begründen), weil sie ein universelles Phänomen darstellt und in fast allen Kulturen existiert, ist für uns Christen in erster Linie das verbindlich, was die Bibel darüber sagt. Die Definition der Ehe ist diese: Ehe ist eine dauerhafte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau. In 1.Mose 2,24 lesen wir über diese Schöpfungsordnung:

Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein „ein“ Fleisch.

Es geht um eine „heterosexuelle“ Union mit dem Zweck, eine neue autonome Familie zu gründen, unabhängig davon, ob Gott diesem Paar Kinder schenken wird.

Manchmal hört man in gewissen Kreisen, dass Jesus Christus nichts über die Ehe gesagt hätte. Das ist nicht richtig! Jesus bestätigt wohl die klassische Definition der Ehe, zum Beispiel in Matthäus 19, 3-6:

Da traten Pharisäer zu ihm und versuchten ihn und sprachen: Ist’s erlaubt, dass sich ein Mann aus irgendeinem Grund von seiner Frau scheidet? Er aber antwortete und sprach: Habt ihr nicht gelesen: Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau und sprach: »Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden „ein“ Fleisch sein«?  So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern „ein“ Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!
Jesus verurteilt nicht nur die damaligen pharisäischen Traditionen über Scheidung und Wiederheirat; er stellt auch das Thema in seinen ursprünglichen Zusammenhang: Ehe sollte als Schöpfungsordnung verstanden werden und der Mensch darf nicht in Frage stellen, was Gott eingesetzt hat.
In den Briefen bekräftigen die Aposteln und Propheten, was Jesus gelehrt hat. Auch eine Ehe zwischen einem Gläubigen und einem Ungläubigen ist vor Gott gültig. Ein gläubiger Christ sollte zwar nicht einen ungläubigen Menschen heiraten, aber eine bestehende Ehe gilt und sollte nicht geschieden werden.
Ehen bei Ungläubigen sind anerkennenswert und im Rahmen der allgemeinen Gnade (die für alle gilt) unter seinem Segen. Es ist der Gemeinde nicht erlaubt, ungläubige Menschen zu trauen (über die Gründe reden wir weiter), aber sie können trotzdem einen „besonderen“ Segen empfangen.

Welche Rolle hat die Obrigkeit im Bezug auf die Ehe?

Die Heilige Schrift lehrt, dass die Obrigkeit (in unserer Gesellschaft fallen darunter die drei Gewalten: Exekutive, Legislative und Judikative) eine Dienerin Gottes auf Erde ist. Die Schrift verurteilt Anarchie. Eine „böse“ Obrigkeit ist besser als gar keine Obrigkeit.
Paulus sagt in Römer 13, 1-2:
Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu.
In Vers 4 erklärt Paulus, dass die Obrigkeit das Gute (d.h. die Gebote Gottes) bewahren und das Böse bestrafen sollte. Diesen Auftrag hat sie von Gott erhalten:
Denn sie (die Obrigkeit) ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut.
Welche Funktion hat deshalb der Staat, wenn es um die Ehe geht?
– Der Staat soll Ehe und Familie schützen. Interessanterweise ist dieser Gedanke im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Artikel 6, Punkt 1 und 2) verankert:

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

Im traditionellen Verständnis der Ehe geht man noch davon aus, dass Ehe eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau ist, denn im Paragraph 4 steht:
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
Was passiert, wenn eine Gesellschaft von diesen Prinzipien abrückt? Darf sie das?
– Nein, denn wenn sie das tut, zieht sie Gottes Zorn auf sich. Die Ungläubigen können lachen, wenn sie eine solche Drohung hören. Es wird tatsächlich früh oder spät geschehen!
Der König Nebukadnezar aus Babylon musste bekennen, nachdem er sich gegen Gottes Autorität erhoben hatte und dafür eine Zeit lang bestraft wurde:
Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder und ich lobte den Höchsten. Ich pries und ehrte den, der ewig lebt, dessen Gewalt ewig ist und dessen Reich für und für währt, gegen den alle, die auf Erden wohnen, für nichts zu rechnen sind. Er macht’s, wie er will, mit den Mächten im Himmel und mit denen, die auf Erden wohnen. Und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du? Zur selben Zeit kehrte mein Verstand zu mir zurück, und meine Herrlichkeit und mein Glanz kamen wieder an mich zur Ehre meines Königreichs. Und meine Räte und Mächtigen suchten mich auf, und ich wurde wieder über mein Königreich eingesetzt und gewann noch größere Herrlichkeit. Darum lobe, ehre und preise ich, Nebukadnezar, den König des Himmels; denn all sein Tun ist Wahrheit, und seine Wege sind recht, und wer stolz ist, den kann er demütigen.
Wenn sie ihre bürgerlichen Pflichten erfüllen (eine standesamtliche Trauung gehört dazu), bezeugen Christen, dass die Obrigkeit Gottes Zustimmung empfängt, wenn sie Gutes tut.
Also ja, Christen werden vor Gott ein Paar, wenn sie standesamtlich heiraten, weil Gott dieses Befugnis der Obrigkeit verliehen hat.
Tut die Obrigkeit nicht, was Gott will, sind Christen an ihre Gesetze nicht gebunden. Wie die Apostel vor dem Hohen Rat in Apostelgeschichte 5, Vers 29, bezeugten:
Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.
Würde zum Beispiel der Staat die christliche Erziehung der Kinder verbieten, wären Christen an ein solches Gesetz nicht gebunden.
Solange aber der Staat die Ordnungen Gottes schützt, sollten Christen diese Vorteile genießen und einen solchen Staat loben.

Welche Rolle spielt die Gemeinde bei einer Eheschließung?

Wenn Ehe eine zivile Angelegenheit ist, und Gott der Obrigkeit den Auftrag erteilt hat, diese Ordnung zu schützen und der Staat erfüllt diese Pflicht, was bleibt dann der Gemeinde (der Kirche) noch übrig? Hat sie eine Rolle bei der Eheschließung?
Ich denke ja; die Gemeinde hat dabei eine wichtige Rolle. In der christlichen Ehe sind nämlich mehr Dinge enthalten, als das, was eine standesamtliche Eheschließung ausdrücken kann.
Nachdem er auf die Schöpfungsordnung hingewiesen hat, fügt Paulus in Epheser 5, 32 über die Ehe hinzu:
Dies Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.
Der Stand der Ehe ist nicht nur gut für den Menschen …
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. 1.Mose 2,18
Sie ist nicht nur eine Voraussetzung, um den Auftrag von 1.Mose 1,28 zu erfüllen …
Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan.
Die Ehe ist auch ein Geheimnis (mysterion). In diesem Zusammenhang will Paulus sagen, dass sie eine tiefe Bedeutung für die Gläubigen hat und dass dieses Geheimnis für die Ungläubigen verborgen bleibt. Die Ehe ist ein Bild für die mystische Union zwischen Christus und seine Gemeinde und diese Wahrheit rechtfertigt deshalb alle Anweisungen, die Paulus den gläubigen Eheleuten geben möchte.
Die kirchliche Ehezeremonie hat meines Erachtens drei wichtigen Ziele:
1) sie soll dieses Geheimnis vor der versammelten Gemeinde (und der unsichtbaren Welt) verdeutlichen. Eheschließung ist Verkündigung des Evangeliums und nur von Ältesten der Gemeinde vollzuziehen.
2) die Eheleute bezeugen, wenn sie getraut werden, dass sie nach Gottes Ordnung leben wollen (durch ihr Versprechen zum Beispiel).
3) die Eheleute wünschen sich das Gebet der ganzen Gemeinde und bitten um ihren Segen, damit sie Gott durch ihre Leben verherrlichen können.
Warum ist also die kirchliche Trauung wichtig? Weil die Bedeutung der Ehe bei einer standesamtliche Hochzeit nicht ganz zum Ausdruck gebracht werden kann.
Sollte die Gemeinde auch ungläubige Ehepaare trauen, die sich einen solchen Segen wünschen?
– Die Antwort ist nein! Nur diejenigen, die ein christliches Bekenntnis haben.
Paulus betont in 1.Korinther 7,39 eine wichtige Lehre in Bezug auf die Ehe. Sie soll „in dem Herrn“ geschehen.
Eine Frau ist gebunden, solange ihr Mann lebt; wenn aber der Mann entschläft, ist sie frei, zu heiraten, wen sie will; nur dass es in dem Herrn geschehe!
Was meint Paulus mit dem Satz: Es soll in dem Herrn geschehen!
Paulus will damit sagen, dass die christliche Ehe eine Gemeinschaft zwischen zwei Menschen darstellt, die dem Herrn kennen und ihm dienen wollen.
In 2. Korinther 6,14 befiehlt Paulus:
Zieht nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen. Denn was hat die Gerechtigkeit zu schaffen mit der Ungerechtigkeit? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis?
Ein Christ darf keinen Ungläubigen als Ehepartner wählen und die Gemeinde darf  solchen Ehen keinen Segen erteilen. So etwas würde die Obrigkeit nicht verbieten.
Eine Gemeinde darf dennoch einen „gewissen“ Segen Ehepaaren erteilen, die obwohl sie Christus nicht kennen, suchend sind und sich Gottes Gnade wünschen.

2 Kommentare

  1. Hallo, danke für den Beitrag. Was meinen Sie mit „gewissen Segen“, den die Gemeinde den suchenden erteilen sollte.

    LG

    • Ich meine damit, dass die Gemeinde für Menschen beten darf, die obwohl sie nicht „wiedergeboren“ sind, Gott suchen und sich seinen Segen wünschen. Das ist jedoch keine Trauung.

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