Wir haben im letzten Artikel den sog. ontologischen Beweis erklärt. Jetzt schauen wir uns den zweiten Gottesbeweis der theoretischen Philosophie an: es handelt sich um den sogenannten kosmologischen Beweis.
Man könnte ihn so zusammenfassen:
- Alles, was einen Anfang hat, muss auch einen Grund haben.
- Selbst dieser Grund muss eine Ursache haben.
- Es muss eine erste Ursache geben, von der diese Ursache-Wirkungskette ihren Ausgang genommen hat.
- Dieser Ausgang ist Gott, der selbst keine Ursache hat.
Das ist der kosmologische Beweis, wie z.B. Thomas von Aquin ihn formuliert hat. Es gibt natürlich andere mögliche Formulierungen. Eine moderne Variante könnte so aussehen:
- Das Universum ist nicht ewig, sondern scheint, einen Anfang gehabt zu haben (Big-Bang-Theorie).
- Dieser Anfang muss notwendigerweise eine Ursache haben.
- Gott ist die Ursache.
Der Haupt-Kritikpunkt gegen den kosmologischen Beweis ist der: Wenn es Gott gibt, wo hat Gott seinen Anfang? Die Antwort lautet: Gott hat keinen Anfang, weil seine Existenz notwendig ist und eine endlose Kette von Ursachen und Wirkungen unvorstellbar wäre.
Eine andere Kritik gegen den modernen kosmologischen Gottesbeweis ist, dass es denkbar wäre, dass das Universum keinen Anfang hat. Kann man sich nicht ein unendliches und ewiges Universum vorstellen, das wie Gott ewig wäre? Das Problem dieser Hypothese ist, dass sie anscheinend widerspricht, was die moderne Physik beobachtet: unser Universum expandiert. Dass das Universum immer größer wird, ist die wahrscheinlichste Erklärung für die Rotverschiebung durch den Dopplereffekt. Dieses Phänomen wurde bereits von Edwin Hubble in 1929 beobachtet. Das Licht von fernen Sternen wird umso stärker rotverschoben, je weiter diese Sterne von uns entfernt sind. Hubble interpretierte diese Rotverschiebung als Dopplereffekt, d.h. als Fluchtgeschwindigkeit der Sterne.
Diese sog. Big-Bang-Theorie ist noch nicht hundertprozent bewiesen, denn die Tastache, dass das Universum kontiniuerlich expandiert, ist nicht normal. Im Prinzip müsste das Universum wegen der herrschenden Gravitationskraft wieder in sich zusammen fallen. Eine mögliche Erklärung, weshalb so etwas nicht passiert, wäre die Existenz einer unbekannten „dunklen“ Energie, die für die Expansion des Universums verantwortlich ist. Diese dunkle Energie konnte bis heute experimentell nicht nachgewiesen werden, trotz positive Indizien wie der sog. Casimir-Effekt, den man in einem leeren Raum feststellen kann.
Einige „atheistischen“ Wissenschaftler wie z.B. Stephen Hawking (*1942) haben schnell begriffen, dass wenn das Universums tatsächlich einen Anfang hat, Gott auch erforderlich ist. Deshalb erklären sie uns, dass in der Anfangssingularität Raum und Zeit noch nicht vorhanden waren. Es ist ein bisschen wie bei Polarkoordinaten; am Pol befindet sich der Nullpunkt. Da wo Zeit nicht existiert, herrscht logischerweise die Ewigkeit. Schön und gut, aber das löst nicht unser Problem. Es muss auch erklärt werden, was die Expansion des Universums ausgelöst hat und warum sie ausgelöst wurde. Hawking kann sich auch vorstellen, dass das Universum „pulsiert“ (expandiert und fällt wieder in sich zusammen), und dass dieser Vorgang durch konkurrierende Universen ausgelöst werden kann, aber was erklärt wiederum dieser Kreislauf oder diese Vielzahl von Universen?
Liefert die Quantentheorie eine mögliche Erklärung? Lawrence Krauss (*1954) ist der Meinung, dass die Felder der relativistischen Quantenfeldtheorie das Vakuum bilden (das Nichts also), das ewig existiert hat. Diese Felder, oder genauer gesagt die Anordnung dieser Felder, machen möglich, dass Materie (oder Energie) plötzlich und zufällig entstehen kann. Eine interessante Hypothese! Das Problem ist, dass Krauss mit seiner Begrifflichkeit den Leser täuscht. Er sagt nichts anderes als: die Materie (bzw. die Energie) hat immer existiert. Denn was er als Nichts bezeichnet ist in Wirklichkeit Etwas.
Wie wir sehen, das Argument, dass man sich eine unendliche Kette von Ursachen-Wirkungen vorstellen kann, löst keineswegs das Problem. Entweder ist das Universum ewig, und sein Geschick ist uns unerklärlich, oder es gibt einen Schöpfer, der das Ganze angeordnet hat. Ich kann mir persönlich eher einen weisen Schöpfer vorstellen als Materie ohne Intelligenz. Aber das wird das nächste Thema dieses Blogs sein: gibt es einen teleologischen Beweis für Gottes Existenz?
„Einige „atheistischen“ Wissenschaftler wie z.B. Stephen Hawking (*1942) haben schnell begriffen, dass wenn das Universums tatsächlich einen Anfang hat, Gott auch erforderlich ist. Deshalb erklären sie uns, dass in der Anfangssingularität Raum und Zeit noch nicht vorhanden waren.“
Leute, diese Behauptung könnt ihr nicht belegen! Und ihr habt echt keine Ahnung, wie Wissenschaft funktioniert. Kein seriöser Wissenschaftler wird eine Theorie entwickeln, um irgendwelche religiöse Weltvorstellungen zu widerlegen. Die Berechnungen, die auch ein Hawking gemacht hat, haben nicht das Ziel, irgend etwas zu widerlegen, sondern herauszufinden, wie es funktioniert. Selbst, wenn dabei ein Gott als Ergebnis herauskommt.
Das ist eben keine Philosophie, oder Religion, wo man seine schon bestehende Weltsicht durchsetzen will.
Sehr naive Vorstellung! Bitte Hawkings „The Grand Design“ lesen!
Hawking hatte die klare Absicht, Gottes Existenz zu widerlegen. In einer Interview mit der spanischen Zeitung „El Mundo“ (21.09.2014) sagte Hawking:
“Before we understand science, it is natural to believe that God created the universe. But now science offers a more convincing explanation. What I meant by ‘we would know the mind of God’ is, we would know everything that God would know, if there were a God, which there isn’t. I’m an atheist.”