
Bisher waren sich die aus der Reformation entstandenen Kirchen und Gemeinden einig: der Sünder wird allein durch Gottes Gnade, allein durch den Glauben und auch allein durch Jesus Christus gerecht.
Mittlerweile herrscht in vielen evangelikalen Kreisen eine große Verwirrung bezüglich der Rechtfertigungslehre. Viele Glaubenspunkte wie dieser sind sehr schwammig geworden. Es ist nicht unüblich, solche Aussagen zu hören wie:
- Gottes Gebote schaffen Leben und Freiheit.
- Wer das Gesetz der Liebe hält, kommt bei Gott und den Menschen gut an.
- Wir sollen das Evangelium leben, um verlorene Menschen zu gewinnen.
Wenn Christen so etwas behaupten, verwechseln sie nicht nur Gesetz und Gnade, sondern auch Treue und Glauben, Heiligung und Rechtfertigung. Im Grunde nähern sich diese evangelikalen Christen immer mehr der römisch-katholischen Lehre. Die Gefahr dieser Verschiebung besteht darin, dass Christus nicht mehr der Mittelpunkt ist (Solus Christus) und der Mensch so nicht gerettet werden kann.
Der Gedanke wird propagiert, dass Gott ein liebender Gott ist, der keine zu hohen Ansprüche stellt. Wer seine Gebote übertritt, kann immer wieder Vergebung erfahren, von vorne anfangen. Gottes Gnade vermag aus uns bessere Menschen zu machen. Das ist die eigentliche „Gute Nachricht“. Paradoxerweise hat diese neue „Gesetzlichkeit“ Ähnlichkeiten mit dem christlichen „Antinomismus“, wo behauptet wird, dass das Gesetz keine Bedeutung mehr für Christen hat. Die Ähnlichkeit zwischen beiden Lehren besteht darin, dass Gott kein heiliger Gott mehr ist, der die Sünde wirklich ernst nimmt
Welchen Platz nimmt Jesus in dieser Theologie ein? Das Leben Christi soll uns ein Vorbild sein. Das Motto lautet: What would Jesus do statt what has Jesus done (Was würde Jesus tun statt was hat Jesus getan)? Das ist die alte Lehre von Petrus Abaelard, die die stellvertretende Sühne ablehnt und die Menschwerdung Jesu als ein Beweis der Solidarität Gottes mit seinen Geschöpfen versteht. Das Sterben Jesu am Kreuz ist nicht mehr eine Notwendigkeit, sondern ein Zeichen der Sanftmut Gottes. Jesus ist nicht mehr „das Lamm Gottes“, sondern „wurde wie ein Lamm geschlachtet“.
Diese Auffassung öffnet selbstverständlich die Tür zu anderen Heilswegen, denn, wenn Christus nicht mehr notwendig ist, können alle religiöse Menschen durch gute Taten gerettet werden.
Als Antwort zu dieser katholischen Lehre hatte die Reformation klar zwischen diesen Begriffen unterschieden:
- Das Gesetz (zusammengefasst durch die 10 Gebote) entspricht dem heiligen Willen Gottes und verlangt etwas von uns. Durch das Gesetz kann niemand gerettet werden, denn seine Anforderungen sind viel zu hoch für uns. Es soll uns zur Verzweiflung führen und die Notwendigkeit der Gnade betonen.
So ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, damit wir durch den Glauben gerecht würden.
Galater 3,24
- Das Evangelium dagegen verspricht Vergebung. Es ist eine Gute Nachricht, weil es nichts von uns verlangt, sondern uns versichert, dass Christus an unserer Stelle gestorben ist und den Zorn Gottes ertragen hat.
Denn auch Christus hat „einmal“ für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist.
1 Petrus 3,18
- Für Christen hat das Gesetz eine andere Funktion: sie halten die Gebote aus Gehorsamspflicht und Dankbarkeit, aber nicht um gerechtfertigt zu sein. Die Einhaltung der Gebote ist auch ein Beweis für die Echtheit unseres Glaubens.
Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.
1 Johannes 5,3
Es ist sehr wichtig, dass wir folgende Lehren immer wieder betonen:
- Gott ist ein heiliger Gott, der einen perfekten Gehorsam verlangt, um durch das Gesetz gerettet zu werden.
- Der Mensch ist ein Sünder, der die Gebote ständig übertritt und deshalb unter dem Fluch des Gesetzes steht.
- Das Evangelium wird als Gute Nachricht verkündet. Das ist die Gute Nachricht, dass Jesus die Forderungen des Gesetzes erfüllt hat und für uns „zur Sünde“ gemacht wurde.
- Der bußfertige Sünder wird aus reiner Gnade gerechtfertigt, allein durch den Glauben an Jesus Christus.
- Wer wirklich glaubt, tritt in die Nachfolge Jesu (Heiligung). Er tut Werke durch den Heiligen Geist.
Also diese Anfrage an so manche „Theologie“ ist mehr als berechtigt:
„Das Motto lautet: What would Jesus do statt what has Jesus done (Was würde Jesus tun statt was hat Jesus getan)?“
Mögen sich es viele zu Herzen nehmen ….
Anna (1)