Bis zur Entstehung der Pfingstbewegung im 20. Jahrhundert wurde kein großer Unterschied zwischen Empfang des Heiligen Geistes und Taufe im Heiligen Geist gemacht. Die Pfingstler haben dann die sogenannte Lehre der „zweiten Erfahrung“ ins Leben gerufen. Nach diesem Standpunkt bekommt jeder Christ den Heiligen Geist bereits bei seiner Bekehrung, aber er braucht eine zweite Erfahrung, die sogenannte Taufe in dem Heiligen Geist, um mit bestimmten übernatürlichen Gaben ausgestattet zu werden. Bereits im 19. Jahrhundert hatte R. A. Torrey behauptet: „es ist eine Sache durch den Heiligen Geist geboren zu werden, es ist eine andere, im Heiligen Geist getauft zu werden.“
Wie wird diese Auffassung in den meisten Pfingstgemeinden begründet?
- In Johannes 20, 21-22 lesen wir folgende Worte: „Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!“ Zu diesem Zeitpunkt bekommen die Jünger Jesu den Heiligen Geist.
- In Apostelgeschichte 1, 8, mehrere Tage nach diesem ersten Ereignis, sagt Jesus zu seinen Jüngern: „…ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ Warum spricht Jesus von einem zweiten Ereignis, wenn seine Jünger bereits den Heiligen Geist empfangen haben?
- In der Praxis gibt es für die Pfingstler entschiedene Christen, die keine übernatürlichen Gaben wie das Zungenreden oder die Prophetie vorweisen können. Einziger Grund dafür: sie sind noch nicht in dem Heiligen Geist getauft worden und müssen nach dieser Erfahrung streben.
In diesem Artikel möchte ich zeigen, dass eine derartige Position keine richtige Unterstützung in der Bibel findet. Darüber hinaus ist sie ungesund, weil sie Kinder Gottes beunruhigt, die nach übernatürlichen Begabungen streben, die nur Gott in seiner Gnade und zu seiner Zeit (siehe diesen Artikel) erteilt.
Die damaligen Pfingstereignisse waren einmalig.
Einen Vergleich zwischen damals und heute herzuziehen, ist höchst spekulativ. Offensichtlich hat Gott seine Verheißungen in einer Art und Weise wahrgemacht, die heute nicht reproduzierbar ist. Meiner Ansicht nach begehen Pfingstler mit ihrer Lehre der Geistesgaben einen Fehler, wenn sie sagen, dass heute Gott seine Gaben genauso austeilt, wie Er sie damals ausgeteilt hat. Ich möchte ein Beispiel geben, um zu zeigen, dass es nicht so ist. In der Apostelgeschichte lesen wir, wie die Samariter zum ersten Mal den Heiligen Geist empfangen haben:
Als aber die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes. Die kamen hinab und beteten für sie, dass sie den Heiligen Geist empfingen. Denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Da legten sie die Hände auf sie und sie empfingen den Heiligen Geist.
Apostelgeschichte 8, 14-17
Wir haben da einen sehr merkwürdigen Vorgang: die Apostel müssen den Neubekehrten aus Samaria die Hände auflegen, bevor sie den Heiligen Geist empfangen. Warum das? Weil nach Matthäus 16, 19 den Aposteln die Schlüssel des Himmelreichs durch Jesus anvertraut worden sind, und es war notwendig, dass Zeugen beglaubigen, dass der Heilige Geist auch Nicht-Juden geschenkt wird. Dass dieses wichtige Ereignis durch übernatürliche Zeichen bestätigt wird ist auch verständlich. Paulus bekräftigt, dass Zeichen und Wunder wichtige Merkmale des Apostelamts waren:
Denn es sind ja die Zeichen eines Apostels unter euch geschehen in aller Geduld, mit Zeichen und mit Wundern und mit Taten.
2 Korinther 12, 12
Empfang des Heiligen Geistes und Taufe im Heiligen Geist sind ein und dasselbe.
Bereits im Alten Testament hatte der Herr seinem Volk versprochen:
Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen.
Joel 2, 28-29 ( 3, 1-2)
…ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben…
Hesekiel 36, 25-26
Die Wiedergeburt ist mit einem Wasserbad verglichen, bei dem der Heilige Geist das Herz eines Menschen erneuert. Die Taufe ist übrigens ein sichtbares Zeichen, das dieses unsichtbares Ereignis darstellen soll.
Eine entscheidende Stelle befindet sich in 1 Korinther 12, 12-13. Dort lesen wir:
Denn wie der Leib „einer“ ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch „ein“ Leib sind: so auch Christus. Denn wir sind durch „einen“ Geist alle zu „einem“ Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit „einem“ Geist getränkt.
Hier zeigt Paulus, dass alle die zum Leib Christi gehören, egal aus welcher Herkunft sie sind, durch den Heiligen Geist getauft worden sind. Wir sollen uns hüten, Unterschiede zu machen. Wir sind alle mit einem Geist getränkt. Die Idee ist, dass der Geist Gottes das Leben der Gläubigen „bewässert“ (das ist die Bedeutung des griechischen Verbs epostithemen). Ohne diese Aktion vom Gottes Geist ist überhaupt kein geistliches Leben möglich.
Einige Verse weiter, im Vers 25, betont Paulus, dass wir keine Spaltung im Leib Christi hervorrufen sollen und deshalb für einander sorgen sollen. Gerade diejeinigen, welche die Christen in 2 Kategorien teilen wollen, diejenigen, die im geist getauft worden sind und die, die nicht getauft wurden, sorgen für Spaltungen.
Es bleibt ein letzter Punkt: Welcher Empfang des Geistes ist in Johannes 20, 22 gemeint? Ich denke, dass es sich dort um eine symbolische Handlung handelt. Ansonsten hätte Thomas, der nicht anwesend wäre, den Geist nicht empfangen. Jesus meint, durch sein Kommen erfüllt sich die Prophetie von Hesekiel 37, 5 wo steht:
So spricht Gott der HERR zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet.
Die tatsächliche Erfüllung wird am Pfingsten stattfinden, denn da betont der Text „sie waren sie alle an einem Ort beieinander“.
[…] Geistestaufe (siehe auch hier->) […]