Die Lehre der bedingungslosen Erwählung

Die calvinistische Heilslehre wird in 5 Punkten zusammengefasst. Der zweite Punkt davon lautet: bedingunglose Erwählung.

Bedingungslose Erwählung heißt: Gott erwählt wen Er will und diese Entscheidung, die Er vor Grundlegung der Welt getroffen hat, hängt nicht von irgendwelchen Gehorsamsakten ab. Unter Gehorsamsakten wird auch der Glaube verstanden.

Diese Position wurde immer wieder kritisiert und viele empfinden sie als besonders ungerecht. Ich erwähne zum Beispiel Dave Hunt. In seinem Buch „What love is this?„, behauptet Hunt, was viele andere Christen nur leise denken: Gott wäre total grausam, wenn er die Möglichkeit hätte, alle Menschen zu erlösen und doch nur einige retten würde.

Die Lehre der bedingunglosen Erwählung ist schwer zu akzeptieren, das gebe ich zu. Dieser Mangel an Akzeptanz liegt zum einen an der Tatsache, dass wir uns schwer vorstellen können, dass jemand – sogar Gott – sich in unsere Privatsphäre einmischen könnte. Die Aufklärung hat dazu beigetragen, dass der moderne Mensch sich als autonome Persönlichkeit versteht. In Wirklichkeit zeigt uns die Heilige Schrift, dass unsere ganze Existenz von ihm abhängt: Denn in ihm leben, weben und sind wir (Apostelgeschichte 17, 28).

Der zweite Grund wird von dem ersten abgeleitet: wir bilden uns leicht ein, wir könnten alles verstehen, was Gott tut. Und da liegt ein Problem: Wir sind begrenzte Geschöpfe und Gott ist allmächtig.

Die Erwählungslehre ist in der Bibel klar belegt. Nur wenige bestreiten, dass Gott die Erretteten zum Heil erwählt hat. Die entscheidende Frage ist vielmehr für sie, welche Rolle spielt dabei der freie Wille? Denn, dass Gott jemand ohne dessen Zustimmung erlösen oder noch schlimmer verwerfen würde, das ist inakzeptabel.

Eine schlaue Antwort, die wir in dieser Diskussion immer wieder hören, ist diese: Aus der Ewigkeit heraus sieht Gott alles, was geschehen soll und so erwählt er die Menschen aufgrund ihrer Entscheidung, die er vorher erkennt. In seiner Gnade hilft er den Bußfertigen, diesen Schritt zu tun, aber die Entscheidung ist ihre. Gestützt wäre angeblich diese Idee von dem Vers aus Römer 8, 29: Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt… Und so denkt man: die Freiheit des Menschen wird so gewahrt.

Leider wird dieser Einwand keineswegs von der Bibel unterstützt. Nirgendwo lehrt die Schrift, dass Gott sich entschließt, einen Menschen zu erwählen, weil derjenige Glauben hat. Vielmehr ist es umgekehrt: ein Mensch glaubt, weil Gott ihn auserwählt hat.

Erstens zeigen uns bestimmte Stellen, dass der Glaube uns von Gott geschenkt wird:

Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es (Epheser 2, 8).

Als das die Heiden hörten, wurden sie froh und priesen das Wort des Herrn, und alle wurden gläubig, die zum ewigen Leben bestimmt waren (Apostelgeschichte 13, 48).

Zweitens, andere Verse belegen, dass Gott auch in uns das Wollen bewirkt:

Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! Denn er spricht zu Mose (2.Mose 33,19): »Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen (Römer 9, 14-16).

Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen (Philipper 2, 13).

Drittens, wenn die Bibel sagt, dass Gott Menschen vorher erkannt hat, ist die Bedeutung eine andere. „Vorher erkannt“ heißt nichts anderes als: vorher bestimmt. 1 Petrus 1, 20 sagt zum Beispiel, dass Gott Jesus vorher erkannt hat: Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen. Ein Begriff wie proginosko im Griechischen deutet nicht auf Neutralität hin, sondern auf eine positive Beziehung zu den vorhergewussten Dingen. Das heißt in Wirklichkeit ganz einfach: Er hat Christus bestimmt, unser Retter zu werden.

Mich stört es überhaupt nicht, dass Gott die verlorenen Menschen erwählt und zu sich zieht. Im Gegensatz, dieser Gedanke erfüllt mich mit Dankbarkeit, denn ich weiß, niemals hätte ich ihn erkennen können, wenn Er nicht eingegriffen wäre. Und wenn einer noch argumentieren möchte, dann soll er darüber nachdenken, was Paulus sagt: wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? (Römer 9, 20)

20 Kommentare

  1. Wenn das alles stimmt, dann frage ich mich, wozu dann Jesus seinen Lehrauftrag gegeben hat, der wäre dann, sollte die Prädestinationslehre stimmen eigentlich hinfällig.
    Und wie verhält es sich mit: »Die
    Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Buße und glaubt an das
    Evangelium!« (Mk 1,15).
    Der Herr fordert seine Geschöpfe immer wieder auf, von ihren
    sündigen Wegen umzukehren, Buße zu tun und zu glauben.
    Der
    göttliche Befehl zur Buße ist an alle Menschen an allen Orten
    gerichtet, wie Apg 17,30 uns lehrt: »Nun hat zwar Gott über die
    Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen, jetzt aber gebietet er allen Menschen
    überall, Buße zu tun«. Usw.usw.

    • Nur weil Gott ruft bedeutet nicht das der Mensch antworten kann nor will. Wir sind nicht in die Lage zu antworten,,, Nur ein neugebornen Kind Gottes kann sein Ruf antworten und er tut Buße und antwortet mit ein dankbaren Herzen.

  2. Warum sollte die Aufforderung, Buße zu tun, die wir in der Schrift an vielen Stellen finden, der Erwählungslehre widersprechen? Das Angebot Gottes (das Evangelium) gilt ganz klar für alle Menschen, aber die Menschen sind leider so verdorben, dass keiner dieses Angebot annimmt, es sei denn, Gott öffnet ihr Herz. In anderen Worten, wenn die Menschen Buße tun, es ist weil Gott ihnen bereits ein neues Herz gegeben hat (siehe Apg 16,14)

  3. Wen Gott uns erwählt hat, einige für die Ewigkeit, andere für die Hölle. Dann hat er es getan bevor der Teufel überhaupt da war. Dann wäre es für ihn überhaupt kein Problem
    uns anders zu erretten als das Jesus am Kreuz sterben musste. Wenn die Erwählung vorher da war, warum kommt die Sünde überhaupt ins Spiel. Wer kann mir da antworten???

  4. Gerhard,
    warum Gott den Sündenfall zugelassen hat, ist uns in der Bibel leider nicht mitgeteilt.
    Es wäre jedoch falsch, Gott für das Böse verantwortlich zu machen. Adam und Eva sind als freie Wesen geschaffen worden. Genauso ist es ein Irrtum zu denken, dass Gott Menschen bestraft, die nicht für ihr Tun verantwortlich wären. Menschen sind nicht prädestiniert zum Bösen.
    Tatsache ist, dass Gott den Aufstand von Satan und seinen Engeln zugelassen hat. Er hat auch zugelassen, dass wir uns von ihm entfernen. In seiner Gnade hat Er sich auch eine Lösung ausgedacht: die Menschwerdung seines Sohnes und seinen stellvertretenden Tod am Golgatha.
    Die Frage, die du stellst, ist eine komplizierte theologische Frage, die zu vielen Diskussionen geführt hat.
    – Der Infralapsarismus sagt, dass Gott bestimmte Menschen zum ewigen Leben, andere zur ewigen Verdamnis erwählt hat, nachdem Er den Sündenfall erlaubt hat.
    – Der Supralapsarismus behauptet, dass Gott seine Entscheidung getroffen hat, bevor Er den Sündenfall erlaubt hat.
    Ich vertrete persönlich den Infralapsarismus, weil ich glaube, dass Gott die Erwählten aus der Menge der Sünder heraus nimmt.

    • Sehr gute Antwort – kann ich auch nur zustimmen – Der frage ist nicht Warum Gott jemand in der Hölle sendet statt dessen WARUM errettet er uberhaupt jemand! Er hat uns geschaffen und wir waren und sind widerspenstig… wir wollen nicht ihm dienen auch nicht danken… Wenn niemand errettet wird – wird er immernoch Heilig und im Recht.

  5. Hallo Jean-Louis,

    Kann man Verdammnis tatsächlich als aktive Bestimmung Gottes für bestimmte Menschen bezeichnen, oder ist diese nicht vielmehr Folge der jeweils eigenen Sünde?

    Jeder Mensch hat doch ein solches Urteil verdient, daher braucht es m.E. keine „Vorherbestimmung” für den ewigen Tod.

    Das Niederländische Bekenntnis von 1561 sagt dazu folgendes:

    Artikel 16
    “Wir glauben, dass Gott, nachdem die ganze Nachkommenschaft Adams so durch die Schuld des ersten Menschen in Verderben und Untergang gestürzt war, sich so gezeigt und bewährt habe, wie er wahrhaft ist, nämlich barmherzig und gerecht. Barmherzig nämlich, indem er von der Verdammnis und dem Untergange diejenigen befreite und erlöste, welche er in seinem ewigen und unveränderlichen Ratschlusse aus reiner und unverdienter Güte durch Jesum Christum, unsern Herrn, erwählte, ohne irgendeine Rücksicht auf gute Werke derselben. Gerecht aber, indem er andere in ihrem Falle und ihrer Verderbnis ließ, wohinein sie sich selbst gestürzt haben.”

    Der Mensch verdammt sich dem Wort Gottes folgend letztlich selbst:

    Paulus und Barnabas aber sprachen frei und offen: Euch musste das Wort Gottes zuerst gesagt werden; da ihr es aber von euch stoßt und haltet euch selbst nicht für würdig des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden. Apg13, 46

  6. Lieber Andreas,
    man muss trotzdem von doppelter Prädestination sprechen. Ab dem Moment, wo Gott gewisse Menschen nicht zum Leben erwählt, BESTIMMT Er sie de facto zum ewigen Tod. Es gibt keine Passivität bei Gott. Lies vielleicht, was Calvin in der Institutio dazu sagt (3.Buch, Kap 24, Punkt 14).
    Die Formulierung des Niederländischen Bekenntnisses sagt nur, dass Gott nicht ungerecht ist, indem Er das tut, weil ALLE Menschen den ewigen Tod verdienen.
    Jean-Louis

    • Lieber Jean-Louis,
      danke für den Hinweis! Aber auch dort wird man, so wie ich es verstehe, letztlich nur auf die Verantwortung und Schuld des Sündes zurückgeworfen.

      Sicher, Gott beläßt Menschen aktiv in dem Zustand der Verdammnis, obwohl Er sie hätte befreien können. Das ist in der Tat „aktiv“ zu nennen. Aber eben nicht in dem Sinne das Gott sie aktiv verdammt, sondern, das er sie aktiv darin beläßt.

      Das ist m.E. ein weitreichender Unterschied! Hier noch der besagte Abschnitt:

      Buch III, Kap 24, Punkt 14
      Jetzt müssen wir noch zusehen, warum der Herr das tut, was er augenscheinlich tut. Wenn man antworten will, das geschehe eben, weil die Menschen es mit ihrer Unfrömmigkeit, Bosheit und Undankbarkeit verdient hätten, so ist dies zwar gut und richtig geredet. Aber damit ist noch nicht die Ursache zu jener Verschiedenheit klargelegt, daß die einen zum Gehorsam geneigt gemacht werden, die anderen aber in ihrer Verstockung verharren. Will man das erforschen, so muß man notwendig zu dem übergehen, was Paulus aus Mose verzeichnet hat, nämlich daß der Herr solche (Verworfenen) dazu erweckt hat, um seinen Namen auf der ganzen Erde bekanntzumachen. (Röm. 9,17). Daß also die Verworfenen dem Worte Gottes, das ihnen offenbart wird, nicht Gehorsam leisten, das fällt zwar mit Recht auf die Bosheit und Ungerechtigkeit ihres Herzens zurück; nur muß man dabei gleich zufügen: sie sind deshalb solcher Bosheit überantwortet, weil sie nach Gottes gerechtem, aber unerforschlichem Gericht dazu erweckt sind, durch ihre Verdammnis seinen Ruhm zu verherrlichen! Ähnlich wird auch von den Söhnen des Eli erzählt, daß sie auf heilsame Mahnungen nicht hörten, weil der Herr „willens war, sie zu töten“ (1. Sam. 2,25). Da wird nicht bestritten, daß ihre Halsstarrigkeit aus ihrer eigenen Bosheit erwachsen war, und doch wird zugleich angegeben, warum sie in solcher Halsstarrigkeit belassen wurden, während der Herr ihre Herzen doch hätte erweichen können: das geschah eben, weil sie kraft seines unwandelbaren Entschlusses einmal zum Verderben bestimmt waren! Hierher gehört auch das Wort des Johannes: „Obwohl er solche Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubte doch keiner an ihn, auf daß erfüllt würde der Spruch des Propheten Jesaja, den er sagte: Herr, wer glaubt unserem Predigen?’“ (Joh. 12,37f.). Denn er befreit hier allerdings diese widerspenstigen Menschen nicht von ihrer Schuld; aber er gibt sich doch mit der Ursache zufrieden, daß Gottes Gnade den Menschen nicht „schmeckt“, bis der Heilige Geist ihnen einen „Geschmack“ daran verleiht! Auch wenn Christus die Weissagung des Jesaja anführt: „Sie werden alle von Gott gelehrt sein“ (Joh. 6,45; Jes. 54,13), so will er nichts anderes zeigen, als daß die Juden Verworfene sind und außerhalb der Kirche stehen, weil sie unbelehrbar sind; – aber als Ursache (hierfür) führt er nur dies an, daß Gottes Verheißung sie eben nicht betrifft! Das bekräftigt das Wort des Paulus, nach welchem Christus „den Juden ein Ärgernis“ und den Heiden „eine Torheit“ ist, den Berufenen aber die „Kraft“ und „Weisheit“ Gottes (1. Kor. 1,23f.). Er führt zunächst aus, was sich ja tatsächlich in der Regel zuträgt, sooft das Evangelium gepredigt wird: daß es nämlich die einen verhärtet und von den anderen verachtet wird; – und dann erklärt er, daß es allein bei den Berufenen in Wert steht! Zuvor hatte Paulus die Berufenen als solche bezeichnet, „die da glauben“ (1. Kor. 1,21); aber er wollte der Gnade Gottes, die dem Glauben vorausgeht, ihren Ehrenplatz nicht streitig machen, sondern fügte als Richtigstellung noch das Zweite hinzu, damit die, welche das Evangelium angenommen hatten, den Lobpreis für ihren Glauben der Berufung Gottes zusprächen! Ebenso lehrt er auch kurz nachher, sie seien von Gott „erwählt“ worden (1. Kor. 1,27f.). Wenn das die Gottlosen hören, so jammern sie, Gott treibe mit seinen armen Geschöpfen in ungeordneter Gewalt Mißbrauch und spotte ihrer in Grausamkeit. Wir aber wissen, daß alle Menschen in sovielerlei Beziehung vor Gottes Richterstuhl schuldig sind, daß sie auf tausend Richterfragen nicht eine einzige genügende Antwort vorbringen können (Hiob 9,3), und deshalb bekennen wir, daß die Verworfenen nichts erleiden, was mit Gottes unendlich gerechtem Gericht nicht in Übereinstimmung wäre! Da wir aber die Ursache nicht völlig klar erfassen, so wollen wir uns nicht weigern, etwas nicht zu wissen, wo sich Gottes Weisheit auf ihre erhabene Höhe erhebt!
      LG
      Andreas

  7. Andreas,
    ich sehe da keinen großen Unterschied. Was du unbedingt unterstreichen möchtest, ist dass Gott nicht ungerecht ist. Da stimme ich völlig zu. Die Verdamnis aller Sünder ist gerechtfertigt und wenn Gott einige errettet, das ist nur aus purer Gnade.
    Gruß,
    Jean-Louis

  8. Hi Jean-Louis,

    ja ;-) das will ich unbedingt unterstreichen und ich bin mir auch bewußt, dass Du dies nicht anders siehst, weiterhin bin ich mir im Klaren darüber, dass die „doppelte Prädestination“ eine in sich logische Schlußfolgerung darstellt. Eine Schlußfolgerung, die sich jedoch m.E. mehr aus der Erwählungslehre als solcher, als aus konkreten Schriftaussagen ergibt.

    Eine Reihe von Reformatoren (Bucer, Melachton etc.) haben darüber anders gedacht ohne der Konsequenz auszuweichen, ebenso wie für Calvin diese „schreckliche Lehre“ niemals ein zentrales Dogma gewesen ist. Ich für meinen Teil versuche daher weniger dieses Geheimnis vollends ergründen zu wollen und ertrage das „Spannungsfeld“ lieber ;-)
    LG
    Andreas

  9. Der Artikel hat ja die „bedingungslose Erwählung“ zum Thema.
    Ich möchte vorweg sagen, dass sowohl mein Kommentar (Reaktion) als auch das folgende längere Zitat nicht ausdrücklich in Beziehung stehen zu bereits verfassten Texten.
    Mir gehen dabei durchaus ganz bestimmte Gedanken durch den Kopf, die jetzt nicht im Zusammenhang stehen müssen zu dem, was hier schon geschrieben wurde.

    Es ist nichts Besonderes, dass sich sofort das eigentliche Thema in ein: „Doppelte Prädestination???“, in ein „Wer sind eigentlich die auf ewig Verdammten?“ wandelt.
    Es ist auch nichts Besonderes, dass bestimmte Lehren als eine Ableitung oder als eine logische Schlussfolgerung einer einzelnen Lehre aus der Schrift dargestellt werden.
    Doppelte Prädestination (doppelte Vorherbestimmung) sei eine Ableitung aus der Erwählungslehre zum Heil. Totale Verdorbenheit des Menschen sei eine Ableitung der Erwählungslehre zum Heil. Das Beharren der Gläubigen sei eine Ableitung der … usw. usw.

    Nur verhält es sich tatsächlich so? Also ich bin nicht dieser Überzeugung.

    Zumeist wird dabei vergessen, dass es hier (beim Thema Vorherbestimmung) auch um die „Weltregierung unseres Gottes“ geht. Eine Lehre und eine Zuversicht, auf die kein Kind Gottes verzichten kann und muss, denn die Schrift bezeugt sie und nicht nutzlos und nicht zur Befriedigung von Neugier und intellektuellen Auseinandersetzungen. Es geht um ein ganz existenzielles Thema für Kinder Gottes. Oft wird das vergessen und das „einfache Schaf der Herde“ geschädigt.
    Ein „Schaf“ muss nicht darüber befinden, was jetzt ein Bock sein könnte in seinem Umfeld. Das kann getrost dem „Hirten“ überlassen werden. Der Herr wacht über jedes einzelne Schaf seiner Herde – ein Trost und eine Zuversicht, die unvergleichlich sind. Der Herr kennt jedes einzelne seiner Schafe und weiß sie zu sammeln. Auch dieses ist eine Zuversicht und ein Trost, der seinesgleichen sucht.
    Kein „Schaf“ muss sich die tröstlichen und stärkenden Lehren der Schrift aus der Hand reißen lassen, weil es das „Amt des Hirten“ nicht übernehmen will!

    Mit dem „Hirten“ soll rechten, wer meint es tun zu müssen – eines Schafes Amt ist das Ganze nicht und es kann dieses Ansinnen getrost von sich weisen.

    Anna

  10. Zu „Gottes Wirken – passive Zulassen und/oder aktives Handeln“ möchte ich eine Passage zitieren:
    aus „Johannes Calvin: Von der ewigen Vorherbestimmung Gottes“, übersetzt und herausgegeben von W. H. Neuser, Düsseldorf 1998:

    Calvin zitiert hier oft Augustin. Nat. sind in dem Buch die jeweiligen Quellenverweise auf Augustins Werke angegeben, die ich mir jetzt aber ersparen möchte.

    Anna

    Zitat: (Von der Vorsehung Gottes, 44. Gott ist gerecht in allem seinem Handeln – S. 121 ff.)
    ——————————————————————————–
    Hieraus kann man gewiss schon schließen [betrifft den Gedankengang vorher u. a. Ex. 4; Ps. 105; Jos. 11; 2. Sam. 24; 1. Chr. 21; 1. Sam. 16; Röm. 1; 2. Thess. 2], wie nichtig und schwach jene Verteidigung der göttlichen Gerechtigkeit ist: Was böse ist, geschieht nicht durch seinen Willen, sondern durch seine Zulassung. Ich gestehe, dass sofern das, was die Menschen in böser Absicht tun, böse ist, es Gott durchaus nicht gefällt, wie ich gleich auseinandersetzen werde. Aber dass sie erdichten, er lasse das untätig zu, wovon die Schrift sagt, dass es nicht nur mit seinem Willen, sondern durch ihn als Urheber geschieht, das ist eine zu schlechte Ausflucht.

    Augustin gibt hierin bisweilen dem angenommenen Sprachgebrauche nach, aber wo er die Sache genauer behandelt, da lässt er auf keine Weise die Zulassung an die Stelle der Wirksamkeit treten. Ich will nicht alles wörtlich anführen, was er hierüber im fünften Buche gegen Iulian sagt. Es wird genügen, den Schluss anzuführen: „Er tut dies auf wunderbare und unaussprechliche Weise, er, der seine gerechten Gerichte nicht nur an den Leibern der Menschen, sondern auch in ihren Herzen zu wirken weiß. Der den bösen Willen nicht macht, sondern ihn gebraucht, wie er will, da er etwas Unrechtes nicht wollen kann“.

    In demselben Sinn sagt er anderswo: „Die Schrift lehrt an andern Stellen, wenn man sie genau ansieht, dass nicht allein der gute Wille der Menschen, den er selbst aus dem bösen macht, und dieser gut gemachte Wille von ihm zu guten Taten und zum ewigen Leben geleitet wird, sondern dass auch die Geschöpfe, welche die Natur der Welt behalten, so in der Gewalt Gottes sind, dass er sie, wann und wohin er will, sich wenden lässt, sowohl um einigen Wohltaten zu erzeigen als Strafen zuzufügen“.

    Endlich sagt er: „Wer sollte nicht bei solchen Gerichten erzittern, durch die Gott auch in den Herzen der Bösen wirkt, was er will, indem er ihnen doch nach ihren Verdiensten vergilt?“ „Wiederum bezeugt die Schrift durch Zeugnisse zur Genüge, dass Gott in den Herzen der Menschen wirkt, ihren Willen hinzuwenden, wohin er will, sei es zum Guten nach seiner Barmherzigkeit, oder zum Bösen nach ihren Verdiensten durch sein Gericht, das offenbar oder verborgen, immer aber gerecht ist. Denn das muss in euerm Herzen feststehen, dass bei Gott keine Ungerechtigkeit ist.“

    Warum er aber sagt, wenn auch das Gericht Gottes verborgen wäre, dafür muss man den Grund aus der vorhergehenden Stelle entnehmen, wo er, nachdem er gesagt hat, dass die Sünden häufig Strafen sind, mit denen Gott früheren Sünden vergilt, endlich zu jenem höheren und verborgeneren Geheimnis hinaufgeht, dass Gott gerechten Anlass, seinen Zorn auszulassen, in allen findet, außer denen, welche er ohne ihr Verdienst auserwählt hat.

    „Denn die übrigen Sterblichen“, sagt er, „welche nicht zu dieser Zahl gehören und aus derselben Masse zwar, von der diese sind, aber zu Gefäßen des Zorns gemacht sind, werden zum Nutzen der Auserwählten geboren. Denn keinen von ihnen erschafft Gott ohne Grund oder zufällig, oder weiß nicht, was er an ihnen Gutes wirken sollte, dass er auch eben das Gute an ihnen wirkt, dass er in ihnen eine menschliche Natur schafft und mit ihnen die Ordnung der Welt schmückt.“

    Warum er die Herzen der Menschen bald durch Furcht und Angst niederschlägt, bald kühn macht, warum er den Geist von den Fürsten nimmt und die Ratschläge der Weisen vereitelt, warum er einigen den Geist der Mäßigung schenkt, andern den Geist des Schwindels und der Raserei gibt, davon, sagt er, wird die Ursache einst bekannt und deutlich sein; aber dass sein verborgenes Gericht herrscht, so dass er den Willen, den er will, bekehrt, das ist eben so klar, „da alle gleiche Natur, aber nicht gleiche Gnade besitzen“, wie dieser fromme Mann an einer andern Stelle sagt.
    —————————————————————
    Zitat Ende.

  11. Anna,

    a) zu Deinem ersten Kommentar
    Ja du hast Recht. Eine Lehre, die dafür gedacht ist, den Gläubigen Trost und Zuversicht zu spenden, wird heute von vielen (sogar Christen) als ungerecht abgestempelt. So ist es leider! Aber in der Geschichte musste die Kirche immer wieder falsche Argumente widerlegen. Es geht nicht nur darum, dass die Ehre Gottes durch diese Einwände angegriffen wird, sondern auch, dass gutgläubige „Schafe“ verunsichert werden.

    b) zum 2. Kommentar
    Das gerechte Wirken Gottes in den Menschen ist uns in der Tat unbegreiflich. Wie Gott das ganze Universum regiert ist wunderbar. Ich denke immer wieder an diese Stelle aus Apg 17,28, die sagt:
    Denn in ihm leben, weben und sind wir.

    Gruß,
    Jean-Louis

  12. Jüngste Erkenntnisse von Neurobiologie und Gehirnforschung scheinen Calvins fast 500 Jahre alte Ansichten über den freien Willen des Menschen glänzend zu bestätigen. Ein wahrer Visionär!

  13. Bedingungslose Erwählung heißt: Gott erwählt wen Er will und diese Entscheidung, die Er vor Grundlegung der Welt getroffen hat, hängt nicht von irgendwelchen Gehorsamsakten ab.

    Stimme ich vollkommen zu. Die Lehre mit dem freien Willen hatte mich total krank gemacht :(
    Bestes Beispiel der Erwählung Gottes, ist der Apostel Paulus, dessen Herz verstockt war, aber Gott hatte ihn dennoch zu sich gerufen (erwählt).

  14. Ein paar wichtige Bibelstellen zu der Lehre der Erwählung:

    Hesekiel 33, 11: So wahr als ich lebe, spricht der Herr, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß der Gottlose sich bekehre von seinem Wesen und lebe. So bekehrt Euch doch von eurem bösen Wesen!

    Joel 2,13: Bekehrt euch zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, mit Weinen, mit Klagen

    Matthäus 23,37: Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigest, die zu dir gesandt sind, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.

    Gott spricht hier Menschen an und ruft sie zur Buße und bestraft sie, weil sie keine Buße tun.
    Der Sünder kann eine Antwort geben: positiv indem er sich beugt oder negativ indem er die Botschaft ablehnt.
    Diese Botschaft zieht sich durch die ganze Bibel.

    • Wir dürfen Freiheit und menschliche Verantwortung nicht verwechseln. Das klingt vielleicht für die modernen Philosophen widersprüchlich aber der Mensch ist nicht ganz frei, obwohl er für seine Taten verantwortlich ist. Er wird sich verantworten müssen, wenn er Gottes Angebot ablehnt. Die Freiheit dieses Angebot zu verstehen und anzunehmen ist eine andere Sache:
      Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden. 1Kor 2,14
      Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet’s nicht; sehet und merket’s nicht! Verstocke das Herz dieses Volks und lass ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen. Jes 6,9-10

      • Diese Aussage von Jesaja hat Paulus in Apostelgeschichte den Juden vorgehalten und und damit klar zum Ausdruck gebracht, dass dieses Wort von Jesaja damals erfüllt worden ist an denen, die nicht glaubten.
        Apostelg. 28, 23 – 31
        In Vers 28 sagt Paulus, dass das Heil Gottes jetzt den Heiden gesandt ist und dass sie es hören werden.

        Genauso kommt es mir heute vor. Das Evangelium wird gepredigt und etliche Menschen (besonders die Superschlauen, Wohlhabenden, Kirchenleute und Gebildeten) lehnen es ab, da sie ja ein „gutes Wissen“ haben, wie alles entstanden ist (Evolution, Urknall und sonstige Lügen) und deshalb brauchen sie auch nicht den Erlöser Christus.

        Wenn das Evangelium verkündigt wird, rührt es Menschenherzen an, aber die Folge ist nicht, dass der Sünder jetzt automatisch zum Glauben kommt, sondern Unser Herr stellt ihn vor die Frage: Willst du mir nachfolgen?

        Bei Paulus war das genauso, auch für ihn gab es die Möglichkeit, weiter die Jünger des Herrn zu verfolgen oder sich vor dem Herrn Jesus zu beugen und Buße zu tun. Apostelgeschichte 9, 5+6
        Wir wissen, wie er gehandelt hat.

      • Peter,
        du sagst: (1) „Wenn das Evangelium verkündigt wird, rührt es Menschenherzen an…“. (2) „Unser Herr stellt ihn vor die Frage: Willst du mir nachfolgen?“
        Zu (2): ja, das ist der äußere Ruf. Jeder Mensch, der das Evangelium hört, wird vor diese Frage gestellt.
        Zu (1): Das ist der innere Ruf. Ein Sünder wird nur berührt, wenn Gott es in seiner Gnade es zulässt. Sonst wird das Wort nicht geachtet (Röm 1,28). Der natürliche Mensch ist unfähig, den Wert der rettenden Botschaft zu schätzen.
        Die Bibel lehrt auch, dass dieser innere Ruf Gottes unwiderstehlich ist, weil der Heilige Geist schon das Herz erneuert hat, bevor ein Mensch diesen Ruf wahrnehmen kann. Paulus hatte keine andere Möglichkeit:
        Als es aber Gott wohlgefiel, der mich von meiner Mutter Leib an ausgesondert und durch seine Gnade berufen hat, dass er seinen Sohn offenbarte in mir, damit ich ihn durchs Evangelium verkündigen sollte unter den Heiden, da besprach ich mich nicht erst mit Fleisch und Blut… (Gal 1,15-16)
        Jesus srach zu ihm: Es wird dir schwer sein, wider den Stachel zu löcken (Apg. 26,14)

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