Die calvinistische Heilslehre wird in 5 Punkten zusammengefasst. Der zweite Punkt davon lautet: bedingunglose Erwählung.

Bedingungslose Erwählung heißt: Gott erwählt wen Er will und diese Entscheidung, die Er vor Grundlegung der Welt getroffen hat, hängt nicht von irgendwelchen Gehorsamsakten ab. Unter Gehorsamsakten wird auch der Glaube verstanden.

Diese Position wurde immer wieder kritisiert und viele empfinden sie als besonders ungerecht. Ich erwähne zum Beispiel Dave Hunt. In seinem Buch „What love is this?„, behauptet Hunt, was viele andere Christen nur leise denken: Gott wäre total grausam, wenn er die Möglichkeit hätte, alle Menschen zu erlösen und doch nur einige retten würde.

Die Lehre der bedingunglosen Erwählung ist schwer zu akzeptieren, das gebe ich zu. Dieser Mangel an Akzeptanz liegt zum einen an der Tatsache, dass wir uns schwer vorstellen können, dass jemand – sogar Gott – sich in unsere Privatsphäre einmischen könnte. Die Aufklärung hat dazu beigetragen, dass der moderne Mensch sich als autonome Persönlichkeit versteht. In Wirklichkeit zeigt uns die Heilige Schrift, dass unsere ganze Existenz von ihm abhängt: Denn in ihm leben, weben und sind wir (Apostelgeschichte 17, 28).

Der zweite Grund wird von dem ersten abgeleitet: wir bilden uns leicht ein, wir könnten alles verstehen, was Gott tut. Und da liegt ein Problem: Wir sind begrenzte Geschöpfe und Gott ist allmächtig.

Die Erwählungslehre ist in der Bibel klar belegt. Nur wenige bestreiten, dass Gott die Erretteten zum Heil erwählt hat. Die entscheidende Frage ist vielmehr für sie, welche Rolle spielt dabei der freie Wille? Denn, dass Gott jemand ohne dessen Zustimmung erlösen oder noch schlimmer verwerfen würde, das ist inakzeptabel.

Eine schlaue Antwort, die wir in dieser Diskussion immer wieder hören, ist diese: Aus der Ewigkeit heraus sieht Gott alles, was geschehen soll und so erwählt er die Menschen aufgrund ihrer Entscheidung, die er vorher erkennt. In seiner Gnade hilft er den Bußfertigen, diesen Schritt zu tun, aber die Entscheidung ist ihre. Gestützt wäre angeblich diese Idee von dem Vers aus Römer 8, 29: Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt… Und so denkt man: die Freiheit des Menschen wird so gewahrt.

Leider wird dieser Einwand keineswegs von der Bibel unterstützt. Nirgendwo lehrt die Schrift, dass Gott sich entschließt, einen Menschen zu erwählen, weil derjenige Glauben hat. Vielmehr ist es umgekehrt: ein Mensch glaubt, weil Gott ihn auserwählt hat.

Erstens zeigen uns bestimmte Stellen, dass der Glaube uns von Gott geschenkt wird:

Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es (Epheser 2, 8).

Als das die Heiden hörten, wurden sie froh und priesen das Wort des Herrn, und alle wurden gläubig, die zum ewigen Leben bestimmt waren (Apostelgeschichte 13, 48).

Zweitens, andere Verse belegen, dass Gott auch in uns das Wollen bewirkt:

Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! Denn er spricht zu Mose (2.Mose 33,19): »Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen (Römer 9, 14-16).

Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen (Philipper 2, 13).

Drittens bedeutet es etwas anderes, wenn in der Bibel steht, dass Gott Menschen vorher erkannt hat. „Vorher erkannt“ bedeutet in diesem Fall „vorher bestimmt“. In 1 Petrus 1,20 heißt es beispielsweise, dass Gott Jesus vorher erkannt hat: Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde, aber er wird am Ende der Zeiten um euretwillen offenbart. Der griechische Begriff „prognosis” deutet nicht auf Neutralität hin, sondern auf eine positive Beziehung zu den vorhergewussten Dingen. Das heißt ganz einfach: Gott hat Christus bestimmt, unser Retter zu werden.

Es stört mich überhaupt nicht, dass Gott die verlorenen Menschen erwählt und zu sich zieht. Im Gegenteil, dieser Gedanke erfüllt mich mit Dankbarkeit, denn ich weiß, dass ich ihn niemals hätte erkennen können, wenn er nicht eingegriffen hätte. Und wenn jemand noch argumentieren möchte, dann soll er oder sie darüber nachdenken, was Paulus sagt: „Wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst?” (Römer 9,20)