Zunächst sollte definiert werden, was unter natürlicher Theologie zu verstehen ist.
Theologie ist der Bereich des Wissens, der zu beschreiben versucht, wer Gott ist und, in einem weiteren Sinne, was Gott den Menschen zu ihrer Erlösung offenbart hat. Eine Theologie wird als „natürlich“ bezeichnet, wenn sie versucht, Gott aus der geschaffenen Welt heraus und außerhalb dessen, was er in der Schrift offenbart hat, zu begreifen. Gibt es in der Natur und in uns Menschen Hinweise darauf, dass Gott existiert, und können wir uns anhand dieser Dinge ein Bild davon machen, wer er ist?
Einer der größten Verfechter der natürlichen Theologie war der mittelalterliche Theologe Thomas von Aquin. Für Thomas hat Gott die Menschen mit der Vernunft ausgestattet; sie dient als gemeinsame Grundlage für die gesamte Menschheit, um die Übereinstimmung zwischen den geoffenbarten Dingen und den Dingen, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, zu beurteilen. Die Vernunft kann nicht aus sich heraus zu einer vollkommenen Erkenntnis Gottes und der von ihm offenbarten „Geheimnisse“ gelangen. Die Vernunft geht durch Schlussfolgerungen und von unten nach oben vor. So erkennt sie beispielsweise Gott als Schöpfer aufgrund dessen, was sie beobachten und aus den geschaffenen Dingen ableiten kann.
Das Konzept der natürlichen Theologie ist entscheidend im Bereich der Apologetik, die Wissenschaft, die versucht, den Glauben konsequent gegen Einwände und falsche Darstellungen zu verteidigen. Lange Zeit war die Apologetik hauptsächlich „evidenzbasiert“, d. h. sie stützte sich auf Evidenz und Vernunft, um zu zeigen, dass Glauben nicht etwas Unlogisches ist. Mit dem Aufkommen der sogenannten „präsuppositionalistischen“ Apologetik, insbesondere in reformierten Kreisen, wurde die natürliche Theologie stark kritisiert. Apologeten in der Tradition von Cornelius Van Til argumentieren, dass wir die Existenz Gottes voraussetzen müssen, um zu sicheren Schlussfolgerungen über Gott und die Welt zu gelangen. Ihnen zufolge wird der Ungläubige aufgrund der Verdebtheit seines Wesens nach dem Sündenfall (einschließlich seiner Vernunft) einen „voreingenommenen“ Ansatz verfolgen und niemals vernunftbasierte Argumente akzeptieren, um die Existenz Gottes anzuerkennen.
Gibt es in der Bibel etwas, das die natürliche Theologie unterstützt? – Meine Antwort ist ja, auch wenn einige versuchen werden, einen Unterschied zwischen dem, was „offensichtlich“ ist, und dem, was in der Tat erkannt und akzeptiert werden kann, aufrechtzuerhalten.
Zunächst einmal wollen wir sehen, ob die Heilige Schrift von einer Offenbarung Gottes durch die Natur spricht!
David bekräftigt in Psalm 19:
Die Himmel erzählen von der Herrlichkeit Gottes und die Ausdehnung verkündigt das Werk seiner Hände.
Es sind keine Worte, fügt David hinzu, aber trotzdem wahrnehmbar und ihre Reichweite erstreckt sich über die ganze Erde. Weiter unten in diesem Psalm sagt David, wenn er vom Gesetz Gottes spricht:
Das Gebot des Herrn ist lauter und erleuchtet die Augen.
Es ist interessant zu lesen, dass Immanuel Kant, nachdem er die rationalen Beweise für die Existenz Gottes zurückgewiesen hatte, in seiner „Kritik der praktischen Vernunft“ sagen konnte:
Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir
Auch der Apostel Paulus stellt in seinem Brief an die Römer im ersten Kapitel fest: „Das von Gott Erkennbare ist offenbar, da Gott es uns offenbar gemacht hat“. Denn, so fügt er hinzu, „seit der Erschaffung der Welt sind Gottes unsichtbares Wesen, seine ewige Kraft und Gottheit an den Werken wahrnehmbar, wenn man darüber nachdenkt“. (Römer 1:19-20)
In Kapitel 2 erklärt Paulus, dass wir, wenn wir auf natürliche Weise das erfüllen, was Gottes Moralgesetz (die Zehn Gebote) von uns verlangt, durch unser Verhalten zeigen, dass die von diesem Gesetz geforderten Werke in unserem Herzen geschrieben sind. Auch unser Gewissen bezeugt dies, ebenso wie die Überlegungen, die sich untereinander verklagen oder entschuldigen (Römer 2:14-15).
Sowohl das Alte als auch das Neue Testament sprechen von einer Klarheit der natürlichen Offenbarung, die uns zum Nachdenken anregen und uns dazu bringen sollte, Gott anzuerkennen. Sind dies ausreichende Argumente? Oder bedarf es weiterer Offenbarungen, um die Beweiskraft dieser Dinge anzuerkennen? Die Präsuppositionalisten werden argumentieren, dass wir den Geist Gottes und die spezielle Offenbarung (die Bibel) brauchen; die anderen sagen, dass dies ausreicht.
Was wir verstehen müssen, ist, dass wir mithilfe der natürlichen Theologie niemals eine ausreichende Erkenntnis Gottes erlangen werden, um gerettet zu werden, dass diese Erkenntnis Gottes aber dennoch ausreicht, um uns zu Verantwortung zu verpflichten. Paulus sagt, dass wir ohne Entschuldigung sind, wenn wir Gott trotz dessen, was er uns bekannt gemacht hat, ablehnen.
