puzzleDie Ontologie ist die philosophische Disziplin, die sich mit der Frage nach dem Sein oder der Existenz beschäftigt. Sie versucht zu verstehen, warum die Dinge existieren und wie sie miteinander in Beziehung stehen. Wichtige Fragen, die die Ontologie zu beantworten versucht, sind: Was ist möglich und was existiert wirklich? Ein ontologischer Gottesbeweis ist also eine Beweisführung, die versucht, die Existenz Gottes allein durch logische Schlüsse zu beweisen.

Der Theologe Anselm von Canterbury war der erste, der sich mit dem ontologischen Gottesbeweis beschäftigte. Für Anselm war nichts Größeres und Vollkommeneres vorstellbar als Gott. Aber existiert das, was man sich vorstellen kann, auch wirklich in der Wirklichkeit? Anselm ging in seiner Beweisführung wie folgt vor:

  • Der Mensch kann sich etwas vorstellen, das vollkommen und durch nichts zu übertreffen ist. Nennen wir es „maximal großes Wesen“.
  • Etwas Größeres als diese Vorstellung gibt es nur, wenn dieses Wesen nicht nur als Möglichkeit gedacht wird, sondern wirklich existiert.
  • Wir können uns nichts Größeres als Gott vorstellen. Wenn Gott im Denken existiert, muss er auch in der Realität existieren.
  • Deshalb existiert Gott.

Auch René Descartes benutzte diese Argumentation, um Gott zu beweisen.

Gottfried Leibniz hat diesen Beweis kritisiert und gezeigt, dass er nur logisch sein kann, wenn bewiesen wird, dass Gott „notwendig“ ist. Dass Gott ein notwendiges Wesen ist, kann nicht aus seiner Existenz gefolgert werden, da diese erst bewiesen werden muss. Leibniz wollte also zunächst beweisen, dass ohne ein notwendiges Wesen wie Gott nichts in der Welt existieren könnte.

Seine Argumentation sieht wie folgt aus:

  1. Gott ist per Definition ein Wesen, das alle Vollkommenheiten besitzt.
  2. Da sich Vollkommenheiten nicht gegenseitig ausschließen können, muss Vollkommenheit eine einfache und absolute Eigenschaft sein.
  3. Die Existenz ist eine Vollkommenheit.
  4. Wenn die Existenz Teil des Wesens einer Sache ist, dann ist sie etwas Notwendiges.
  5. Wenn es möglich ist, dass ein notwendiges Wesen existiert, dann muss ein notwendiges Wesen existieren.
  6. Es ist durchaus möglich, dass ein Wesen alle Vollkommenheiten besitzt.
  7. Folglich existiert ein notwendiges Wesen (d. h. Gott).

Immanuel Kant hat sich vor allem damit beschäftigt, den ontologischen Beweis von Anselm und Descartes zu kritisieren. Seine Argumentation lautet wie folgt und scheint auf den ersten Blick überzeugend zu sein:

  • Die Existenz ist kein Prädikat, das die Idee eines Wesens erweitert oder verändert. Wenn man sagt, dass ein Wesen existiert, fügt man der Definition oder den Eigenschaften dieses Wesens nichts hinzu, sondern setzt nur voraus, dass dieses Wesen in der Realität vorhanden ist.
  • Kant führt das Beispiel von hundert Talern an: hundert wirkliche Taler enthalten nicht das Geringste mehr als hundert gedachte Taler. Ausgehend von einem Begriff kann man die Existenz dieses Begriffs nicht beweisen. Daher können für Kant Dinge, die man in der Realität nicht erfahren kann, nicht durch die reine Vernunft bewiesen werden.

Kant hat Leibniz‘ Argument nicht explizit entkräftet, aber seine Widerlegung der Existenz als Prädikat unterminiert einen Teil dieses Arguments ernsthaft.
Die Grenze von Kants Argumentation besteht darin, dass das Beispiel des Talers nicht ganz für ein notwendiges Wesen passt. Eine solche Münze existiert in einer oder mehreren möglichen Welten, muss aber nicht in allen möglichen Welten existieren. Der Begriff „mögliche Welt“ darf hier nicht missverstanden werden. Es handelt sich nicht um eine Dimension, die parallel zu unserer Welt existiert, sondern beschreibt nur, wie unsere Welt aussehen würde, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt wären. Ein Beispiel: Es gibt eine mögliche Welt, in der Einstein nicht der berühmte Physiker geworden wäre, der er in unserer Welt war. Hätte sich Einstein nicht für Mathematik und Physik interessiert, hätte er seine Relativitätstheorie nicht formuliert. Gleiches gilt für das Fabelwesen Einhorn, das von den Vertretern des ontologischen Gottesbeweises ebenfalls häufig als Beispiel angeführt wird. Die Existenz einer solchen Kreatur ist zwar in einer möglichen Welt denkbar, aber ein Einhorn ist kein notwendiges Wesen. Anders verhält es sich mit Gott. Wenn Gott existiert, dann muss er „notwendigerweise“ in allen möglichen Welten existieren, sonst ist er kein allmächtiger Gott. Wenn Gott ein maximal großes Wesen ist, dann lässt sich seine Existenz daraus ableiten.

Im 20. Jahrhundert haben einige Philosophen und Mathematiker versucht, den ontologischen Beweis mit Hilfe der Modallogik zu untermauern:

Der amerikanische Philosoph Alvin Plantinga (*1932) argumentiert wie folgt:

  1. Es ist möglich, dass ein Wesen mit maximaler Größe und damit maximaler Vollkommenheit existiert.
  2. Ein solcher Wesen mit maximaler Größe existiert deshalb in einer möglichen Welt.
  3. Ein Wesen kann jedoch nur eine maximale Größe haben, wenn er in jeder möglichen Welt existiert (notwendiges Wesen).
  4. Wenn ein solcher Wesen in jeder möglichen Welt existiert, dann existiert er auch in unserer Welt.
  5. Deshalb existiert Gott.

Zu Plantingas Beweis muss folgendes gesagt werden: niemand ist gezwungen, die erste Annahme zu akzeptieren, dass ein Wesen mit maximaler Größe möglicherweise existiert. Wer diese Idee jedoch kategorisch ablehnt, muss jedoch beweisen, dass sie inkohärent ist. Ein widersprüchlicher Gedanke wäre z. B. die Behauptung, dass ein rundes Viereck irgendwo existieren kann.
Was ist inkohärent bei dem Gedanken, dass ein allmächtiger und vollkommener Schöpfer des Universums existieren kann? Von dem Augenblick an, wo man diese Annahme akzeptiert, erweisen sich die übrigen Argumente als widerspruchsfrei.

Die Logik des dritten Punktes springt einem nicht sofort ins Auge. Es bedeutet lediglich, dass ein moralisch vollkommenes Wesen in keiner möglichen Welt nicht vollkommen sein kann. Ebenso kann ein allmächtiges Wesen in keiner einzigen möglichen Welt Schwäche zeigen. Die Aussage „Ein Quadrat hat vier gleich lange Seiten und vier rechte Winkel“ gilt zum Beispiel auch in allen möglichen Welten.

Ähnlich wie Plantingas Beweis ist Kurt Gödels Argument aufgebaut:

Axiom 1: Jede Eigenschaft ist entweder positiv oder nicht positiv.
Axiom 2: Was notwendigerweise eine positive Eigenschaft enthält, ist selbst positiv.
Theorem 1: Ist eine Eigenschaft positiv, so ist es möglich, dass es etwas gibt, das diese Eigenschaft besitzt.
Definition 1: Ein Wesen ist maximal oder „göttlich“, wenn es alle positiven Eigenschaften besitzt.
Axiom 3: Göttlichkeit ist eine positive Eigenschaft.
Theorem 2: In einer möglichen Welt ist ein göttliches Wesen logisch möglich.
Definition 2: Eine Eigenschaft eines Wesens ist/heißt wesentlich, wenn alle weiteren Eigenschaften dieses Wesens daraus notwendig folgen.
Axiom 4: Jede positive Eigenschaft ist notwendig positiv.
(Dies bedeutet, dass Notwendigkeit in der Positivität einer Eigenschaft enthalten ist. Somit ist Notwendigkeit selbst eine positive Eigenschaft.)
Theorem 3: Wenn ein Wesen göttlich ist, dann ist seine Göttlichkeit eine wesentliche Eigenschaft.
(Daraus folgt, dass es höchstens ein göttliches Wesen geben kann.)
Definition 3: Ein Wesen existiert notwendig, wenn alle seine wesentlichen Eigenschaften notwendig sind.
Axiom 5: Die Eigenschaft der notwendigen Existenz ist positiv.
Theorem 4: Wenn die Existenz eines göttlichen Wesens logisch möglich ist, dann ist sie notwendig.
(Da wir die logische Möglichkeit der Göttlichkeit bereits in Theorem 2 festgestellt haben, folgt nun, dass genau ein göttliches Wesen notwendig existiert.)

Viele, wie zum Beispiel der atheistische Wissenschaftler Richard Dawkins, haben versucht, diesen Beweis zu widerlegen, aber es ist offensichtlich, dass sie den Unterschied zwischen Kontingenz und Notwendigkeit nicht begreifen oder nicht begreifen wollen. Eine fliegende Untertasse, ein Einhorn oder ein Spaghettimonster sind keine notwendigen, sondern kontigente Wesen. Sie mögen in einer möglichen Welt existieren, aber da sie nicht die Attribute eines gottähnlichen Wesens besitzen, sind sie nicht notwendig und können daher nicht mit Gott verglichen werden.

Der Dreh- und Angelpunkt des ontologischen Beweises ist dies:

Gott muss existieren, weil er notwendig ist. Wenn Gott nicht existieren würde, würden die kontingenten Dinge nicht existieren, weil sie in sich selbst nicht die Macht haben, ins Dasein zu treten.

Es ist, was Paulus in Apostelgeschichte 17,28 sagt:

In ihm (in Gott) leben, weben und sind wir;