Manchmal frage ich mich, wenn ich bestimmte Christen höre, ob sie die Wiederkunft des Herrn überhaupt noch erwarten. Ich habe den Eindruck, dass sich viele ein Leben nach dem Tod irgendwie vorstellen können, aber nur wenige auf die glorreiche Erscheinung unseres Herrn und auf die leibliche Auferstehung der Toten hoffen. Diese wichtigen Dogmen gehören jedoch unzertrennlich zu dem christlichen Glaubensbekenntnis. Es ist ein Merkmal der Endzeit, dass der Glaube vieler Mitmenschen erkalten wird. Es könnte sein, dass für sie die Parusie unseres Herrn zu einer unangenehmen Überraschung wird, wie für die törichten Jungfrauen in dem Gleichnis von Matthäus 25:
(11) Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! (12) Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. (13) Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.
Über diese Stelle möchte ich aber hier nicht reden, sondern über eine andere aus dem Brief, den Paulus an die Christen von Thessalonich schreibt:
Von den Zeiten und Stunden aber, liebe Brüder, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.
1 Thessalonicher 5, 1-2
Da ich weiß, dass Pretribulationisten eine andere Meinung vertreten, betone ich gerne, dass dieser Vers auch für Christen gilt. Viele interpretieren nämlich diesen Text so, dass er über eine Zeit nach der Entrückung der Gemeinde spricht und mit dem Tag des Herrn eine zweite Wiederkunft Jesu gemeint ist, diesmal zum Gericht. Die allgemeine Lehre der Kirche bis zu John Nelson Darby war, dass nur eine Wiederkunft des Herrn stattfinden soll. Die sogenannte Lehre der 70-ten Jahrwoche ruht auf einer Prophetie von Daniel, die von den Dispensationalisten missverstanden wird (siehe Daniel 9, 24-27). Ich verweise gerne auf eine sehr gute Arbeit von Meredith Kline (The Covenant of the 70th Week) und einen Blogartikel von Sam Storms, in welchem er auch die Position der Dispensationalisten erwähnt: Daniel’s 70 Weeks.
Aber kommen wir zu unserem Text!
Im Kapitel 4 will Paulus die Thessalonicher mit der biblischen Lehre der Auferstehung ermutigen. Diese Christen sollten nicht wie die anderen Menschen verzweifeln, wenn sie an ihre geliebten Verstorbenen denken. Damals glaubten die Griechen, dass die Toten im Hades zwar bewusst sind aber nie wieder normal leben werden. Möglicherweise dachten einige der Thessalonicher, dass diejenigen, die bereits gestorben sind, bei der Wiederkunft nicht dabei sind und an Gottes Herrlichkeit nicht teilhaben werden. Paulus korrigiert diese Sichtweise und betont, dass die bereits gestorbenen Gläubigen zuerst auferstehen werden, wenn Jesus wiederkommt. Folgende Ereignisse sollen dann eintreten:
- Ein Befehl soll ertönen,
- Der Herr selbst soll vom Himmel herab kommen,
- Die Toten, die gläubig waren, sollen zuerst auferstehen,
- Die noch lebenden Christen werden dann entrückt und dem Herrn begegnen.
Im Kapitel 5 spricht dann Paulus von der Zeit, zu der das passieren soll. Kann man diesen Zeitpunkt voraussagen? Wird es irgendwelche vorbereitende Signale geben? Paulus tritt da in die Tradition seines Herrn ein:
Seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr’s nicht meint.
Lukas 12, 40
Zwar wird es Zeichen geben – das erfahren wir zum Beispiel in zweiten Thessalonicherbrief-, aber keiner kann genau sagen, wann diese Wiederkunft geschehen soll und deshalb sollten die Christen geistlich wach bleiben. Der Tag des Herrn wird wie ein Dieb in der Nacht kommen, genau wie Jesus es voraus gesagt hat:
Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, so ließe er nicht in sein Haus einbrechen.
Lukas 12, 39
Dass der Herr wie ein Dieb kommt, bedeutet aber nicht, dass Er heimlich kommt und von den Ungläubigen nicht wahrgenommen wird. Im Gegensatz, dies wird zu ihrem Verderben führen und sie werden nicht entfliehen können (1 Thessalonicher 5, 3). Grund dafür ist, dass sie mit dieser Wiederkunft überhaupt nicht mehr gerechnet haben und total sorglos waren. Dies führt Paulus dazu, die Christen umso mehr zu ermutigen, wach und nüchtern zu bleiben (Vers 6).
Was ist der Nutzen dieser Ermahnung und was bedeutet es für uns wachsam sein?
Christen sollten in der Erwartung auf die Wiederkunft Jesu aktiv sein. Sie können sich nicht einfach zurücklegen, sondern sie sollten im Glauben, in der Liebe und der Hoffnung auf ihre leibliche Erlösung warten. Ein Christ, der dieses Verlangen nicht hat, hat sich vielleicht zu viel angepasst und mit dieser Welt angefreundet.
Im Blick auf die Wiederkunft des Herrn sind für Christen, die Paulus mit „Brüder“ anredet zweifellos die Ausführungen von 1. Thess 4 von zentraler Bedeutung. Der Kontakt mit Christus findet beim Vers 17 statt. – Kapitel 5 hat für die Gläubigen vorwiegend informativen Charakter: Es geht um den „Tag des Herrn“ dem Anbruch der Gerichte ab Offb 6 und der sichtbaren Wiederkunft Christi auf diese Erde, Offb 1.7, Luk 21,27 etc. – Hier wird sich nur die Welt mit Christus konfrontieren. Christen sollen wohl informiert sein, brauchen sich vor diesem Tag aber nicht zu fürchten 1.Thess 5.9, Joh 3.18 etc.
Richard,
die Ankunft des Herrn und der Tag des Herrn sind ein und dasselbe Ereignis. Es liegen keine 7 Jahre dazwischen. Ich stimme zu, dass Paulus in Kap. 4 die Vereinigung der Christen mit Jesus ins Auge fasst. Er erklärt aber weiter in Kap. 5:
„Von den Zeiten und Stunden aber, liebe Brüder, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.“
Wovon spricht er? – Er spricht von derselben Wiederkunft Jesu, die er in Kapitel 4 bereits erwähnt hat. Ein weiteres Ereignis ist nicht in dem Text zu sehen und wäre argumentativ völlig unlogisch. Paulus hat immer noch die Ankunft des Herrn im Hinterkopf. Er sagt nicht, dass Christen nichts zu befürchten haben, weil sie bei dem Tag des Herrn nicht dabei sein werden, sondern weil sie Kinder des Lichtes sind und von der Ankunft des Herrn nicht überrascht sein werden. Wer hier eine zweite Ankunft sieht, baut auf einem reinem theologischen Konstrukt auf und nicht auf der Bibel. Die dispensationalistische Theologie muss deshalb die meisten Kapitel der Evangelien über die Wiederkunft Jesu auf die Trübsalszeit beziehen. In anderen Worten: was Jesus selbst über seine Ankunft sagt, betrifft nur Israel und nicht seine Gemeinde. Dass dies Unsinn ist, lässt sich leicht beweisen, denn Paulus erwähnt in 1 Thess 4,16 die Posaune von Matth 24,31.
Die sichtbare Wiederkunft Jesu steht gemäß den Evangelien und der Offenbarung im starken Zusammenhang mit Israel obwohl die ganze Welt davon betroffen ist. Mt 24, Luk 21, Offb 1. Besonders deutlich wird Sacharia 14. Diese Ankunft findet eindeutig am Ende der Zeit der Nationen statt und ist mit Gerichten und der „grossen Drangsal“ verbunden. Man braucht kein „Dispensationalist“ zu sein um das zu erkennen. Dass die Entrückung von 1.Thess 4 zum selben Zeitpunkt erfolgt, steht nirgends geschrieben, sie muss aber vor dem Anbruch der 70.Jahrwoche geschehen. Kommt die Gemeinde nämlich in den Bereich dieser Jahrwoche von 7 Jahren, dann müssten gewisse Bibelstellen gestrichen oder umgeschrieben werden…das kann ich bei Bedarf gern genauer erklären.
Du hast dich meine Argumente nicht einmal ernsthaft angeschaut und öffnet weiterhin deine „Schubladen“. Deine sog. Argumente kenne ich schon längst. Sie fallen alle, wenn man sie ein wenig prüft. Das Neue Testament macht keinen Unterschied mehr zwischen den Nationen und Israel. Nach Epheser 2,11-22 gibt es nur noch ein einziges Volk Gottes in Christus. Gott wird diesen Zaun nicht mehr aufbauen!
In meiner Bibel stehen die Verse ab Eph 2.11 unter dem Titel: „Juden und Heiden eins in Christus“ Im „Leib Christi“ ist der Unterschied aufgehoben. – An anderen Stellen ist trotzdem von Heiden und Juden zu lesen, beispielsweise in der Apostelgeschichte und fast in allen Briefen. Der Hebräerbrief (der auch den Heiden zur Belehrung empfohlen ist) ist speziell an die Hebräer gerichtet, denselben Fokus scheint Jakobus zu haben. – In Römer 9 – 11 behandelt Paulus unser Verhältnis zu Israel und dessen Zukunft. Nach dem Zeitalter der Gemeinde, in der 70. Jahrwoche, unterscheidet Gott wieder zwischen den 144’000 aus den 12 Stämmen und der „grossen Volksmenge“ aus den Nationen, Offb 7. – Da Gott in den verschiedenen Haushaltungen oder Zeitaltern unterschiedlich handelt, müssen wir diese beachten.
Diese Unterscheidung zwischen Juden und Heiden in der Apg. (zum Beispiel) hat wohl historische Gründe. Die ersten Christen waren Juden. Sie mussten verstehen, dass Jesus der neue Tempel ist und das Ende des alten Tempels gekommen war (siehe Mt. 24). Der Autor des Hebräerbriefes erklärt ihnen in Kap. 12, dass sie jetzt zu dem Berg Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, gekommen sind. Paulus behandelt das Thema der Zukunft Israels in Römer 9-11 und macht deutlich, dass Gott seine Verheißung an Abraham noch erfüllen wird. Vor der Wiederkunft des Herrn (und somit dem Ende der Geschichte) werden sich viele aus dem leiblichen Volk Israel bekehren. Das passiert schon heute zum Teil (siehe die messianischen Gemeinden). In Römer 11,25-32 steht übrigens gar nichts von einem tausendjährigen Reich.
Die Zahl 144.000 in der Offenbarung ist eine symbolische Zahl (12 * 12 potenziert). Sie steht für die Gesamtheit der Erlösten (aus den 12 Stämmen und aus den neuen Stämmen – siehe 1.Petrus 1,1). Diese Zahl soll nicht wortwörtlich verstanden werden; Wo ist Dan? Wo ist Ephraim? Warum wird Josef erwähnt? Johannes hört nur diese Zahl. Er sieht zunächst niemand. Was er dann sieht ist eine große Schar aus allen Nationen und Völkern, die man nicht zählen kann. Es wird ihm gesagt, dass sie während der Drangsal erlöst wurden. Und jetzt stelle ich folgende Frage: Was soll das? Die Drangsal ist dazu da, dass nur Juden zum Glauben kommen und zwar in Jerusalem! Warum gibt es diese unzählbare Schar, wenn die Zeit der Nationen nach Römer 11 bereits abgelaufen ist und die Gemeinde entrückt wurde. Ich gebe dir die Antwort dazu: In Offenbarung 3,12 sagt Jesus zu „Heidenchristen“ aus Philadelphia, dass die Überwinder den Namen Gottes auf ihrer Stirn tragen werden. Hier wird deshalb angekündigt, was in Kapitel 7 geschieht! Somit wird auch klar, dass Christen damals bereits in der Drangsal waren. Die dreieinhalb Jahre der Drangsal sind auch eine symbolische Zahl (siehe Offenbarung 12).
Dispensationalisten müssen radikal umdenken, wenn sie endlich die Bibel verstehen wollen.
Die 144’000 stehen in Verbindung zum Judentum, unabhängig davon wie die Zahl zu deuten ist. Klar und nicht umsonst getrennt von diesen wird eine „grosse Volksmenge“ genannt die in Verbindung mit den Nationen steht. Beide Körperschaften werden im selben Zeitraum gerettet: in der zukünftigen grossen Trübsal lt. Luk 21 und Offb 7. Die „Zeiten der Nationen“ reichen in diese Trübal hinein. Lk 21.24. – Die Leiden der jetzigen Zeit wie sie z.B. in Röm 8.18 erwähnt werden haben mit dieser einmaligen zukünftigen Drangsal nichts zu tun. – Wir müssen diese Feinheiten beachten um nicht den Irrtümern der Sekten zu verfallen, s. Apg 17.11 & 20.30.
Es sind keine Feinheiten, sondern widersprüchliche Behauptungen, völlig aus dem Kontext gerissen. Lukas 21,24 bezieht sich ganz klar auf den Fall von Jerusalem, 70 nach Christus. Deshalb lesen wir, dass die Juden unter alle Völker weggeführt werden. „Bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind“ deutet auf eine lange Zeitspanne hin. Wenn das alles während der sog. „Trübsal der 70. Jahrwoche“ passieren würde, wie könnte sich eine unzählbare Zahl von Heiden bekehren, wenn die Heiden gerade als Feinde dargestellt werden und unter der Herrschaft des Antichristen sind? Die große Schar von Off 7 symbolisiert deshalb das gesamte verfolgte Volk Gottes aller Zeiten. Die Trübsal erstreckt sich auf die ganze Kirchengeschichte und nicht nur auf 3 1/2 Jahre. Die Zahl 1260 von Off 12,6 (eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit ) ist symbolisch.
Wir müssen beachten dass fast alle Propheten der Bibel eine Nah- und eine End- bzw. Fernerfüllung kennen, oft sogar im selben Kapitel. Ein schönes Beispiel ist Jes 61.1-2. Diese Prophetie ist in Luk 4.18 teilweise erfüllt worden, „der Tag der Rache für unseren Gott“ steht da noch aus. In Luk 21 sehen wir dasselbe Prinzip: Luk 21.6 hat sich im Jahre 70 wörtlich erfüllt. Niemand wird aber behaupten, dass Luk 21.25..28 irgendwann bereits erfüllt wurde. Dasselbe finden wir in Matthäus 24: die Drangsal in Vers 21 fand zwar im Jahr 70 eine Vorerfüllung, sie steht aber eindeutig im Zusammenhang mit der sichtbaren Wiederkunft Jesu, die am Ende der Zeiten, am Ende der 70. Jahrwoche stattfinden wird. Anschliessend übernimmt der Höchste die Regierung Dan 7.27.
Einverstanden! Nur wo sind bitte sehr die Hinweise für eine NICHT-sichtbare Wiederkunft Jesu?
Die Entrückung ist bzw. war lt. 1.Kor 15.51 ein Geheimnis und wie die NT-Gemeinde im AT praktisch unbekannt. Nach meiner Kenntnis war Henoch in 1.Mo 5.18 & Hebr 11.5 ein Vorbild auf die christliche Entrückung. Die Propheten des AT hatten im Wesentlichen Israel und die Nationen im Visier, was aber nicht heißt, dass uns ihre Botschaft nichts angeht. 1.Kor 10.6.
Das Geheimnis bezieht sich auf die Verwandlung der natürlichen Leiber in Auferstehungsleiber. Die Entrückung selbst muss nicht geheim sein. Wir dürfen auch nicht zu sehr spekulieren. Entscheidend ist aber, was Paulus zum Beispiel in 2 Thessalonicher 1,5-10 sagt. Ich zitiere gerne diese Passage. Diese kristallklare Stelle macht deutlich, dass es nur eine Wiederkunft Jesu gibt. Das ist auch gleichzeitig der Tag des Herrn. An diesem Tag erschallt eine Posaune (hörbar!), Jesus wird offenbart und die Gläubigen werden entrückt und kommen ihm entgegen. An diesem Tag endet ihr Leiden. Sie finden Ruhe, was auch zeigt, dass sie vorher noch nicht mit ihm waren. Denn was würde es für einen Sinn machen, wenn sie bereits 7 Jahre vorher entrückt worden wären? An diesem Tag wird auch die Welt gerichtet. Alles in einem. Es ist unmöglich, diese Textstelle anders zu verstehen. Lies sie bitte im Gebet!
In der Tat, in 2.Thess 1.7 wird die Ruhe der Bedrängten zusammen mit der Offenbarung des Herrn..in flammendem Feuer gesehen. – Mein Walvoord-Kommentar sieht in diesem Ereignis aber keine Entrückung, was zwar noch nichts heißt. – Da aber 2.Thess 1.7 bis 12 erst am Ende der endzeitlichen Gerichtsperiode stattfindet, nach den Zornesschalen von Offb 16, wäre es mit der „Ruhe der Bedrängten“ nicht so weit her, wenn sie das alles durchmachen müssten. Etwas anders sieht aber aus mit jenen die erst in Offb 7 zum Glauben kommen, aber da gehören weder die Thessalonicher noch Paulus noch wir dazu.