Abtreibung: Was sagt die Bibel dazu?

Die Bibel würde die Abtreibung nicht verbieten. Das ist zumindest das Argument von Menschen, die versuchen, eine religiöse Rechtfertigung für den Schwangerschaftsabbruch zu finden. Wenn es nämlich diesen Menschen gelingt, ihre Argumentation anhand der Bibel zu untermauern, dann ist die Frage ein für alle Mal geklärt. Aber ist es wirklich so, dass das Wort Gottes nur das geborene Kind als „Leben“ sieht?

Lasst uns mal schauen, welche „Beweise“ die Befürworter der Abtreibung in der Schrift entdeckt haben!

Ich möchte zuerst sagen, dass ein Argument wie dieses – habe ich tatsächlich gefunden – absolut verwerflich ist:

Und besser … ist, wer noch nicht geboren ist und des Bösen nicht inne wird, das unter der Sonne geschieht.
Prediger 4, 3

Da letztendlich die Welt so schlimm ist, möchte man uns hier vermitteln, dass es besser wäre, nicht geboren worden zu sein. Aber Gott hat den Menschen erschaffen, um zu ihm ein ewiges Verhältnis aufzubauen. Dass der Mensch auf der Erde leidet, ist eine Konsequenz der Abkehr von Gott und überhaupt nicht von Gott gewollt.

Das Argument, dass man atmen muss, um als lebendiges Wesen zu gelten, ist auch lächerlich (ungeborene Kinder werden durch das Blut der Mutter an Sauerstoff versorgt!):

Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.
1 Mose 2, 7

Noch schlimmer ist es, wenn man anhand der Schrift beweisen will, dass ein Mensch sich mit Ethik auskennt (durch den Sündenfall) und verantwortliche Entscheidungen für sich selbst treffen kann:

Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist.
1 Mose 3, 22

Viel problematischer aber ist folgende Stelle aus dem Alten Testament:

Wenn Männer miteinander streiten und stoßen dabei eine schwangere Frau, sodass ihr die Frucht abgeht, ihr aber sonst kein Schaden widerfährt, so soll man ihn um Geld strafen, wie viel ihr Ehemann ihm auferlegt, und er soll’s geben durch die Hand der Richter.
2 Mose 21, 22

Diesen Vers wollen wir uns näher anschauen. Was wird hier gemeint?

Wenn aufgrund eines Streits zwischen zwei Personen eine schwangere Frau gestoßen wird und dadurch ihr Kind verliert, dann soll der Schuldige nach dem Gesetz eine Geldstrafe bezahlen. Wenn das so ist, dann ist die logische Folge: das ungeborene Kind wird noch nicht als lebend betrachtet, denn das mosaische Gesetz bestraft Mord mit der Todesstrafe:

Wer einen Menschen erschlägt, den soll man töten auf den Mund von Zeugen hin. Ein einzelner Zeuge aber soll keine Aussage machen, um einen Menschen zum Tode zu bringen.
4 Mose 35, 30

Das Problem mit dieser Lesart ist, dass sie nicht ganz korrekt ist. Das hebräische Verb yatsa‚ sowie der ganze Kontext deuten auf eine Frühgeburt hin und nicht auf eine Fehlgeburt. Aber sagt der Text nicht: …ihr aber sonst kein Schaden widerfährt ? Das würde vermuten lassen, dass der Fötus doch beschädigt wurde. Da müssen wir gestehen, dass die Lutherübersetzung 1984 (die ich verwende) leicht missverstanden werden kann. Der hebräische Text sagt in Wirlichkeit nichts über den Adressat. Andere Übersetzungen wie die Elberfelder, Schlachter oder die Gute Nachricht lesen: …aber es gibt kein weiterer Schaden. Damit ist gemeint: es ist nicht schlimmeres passiert; es war nur eine verfrühte Geburt.

Der Text geht weiter: wenn was schlimmes passiert, die Frau wird schwer verlezt oder das Kind stirbt, dann reicht die Geldstrafe nicht mehr aus.

Entsteht ein dauernder Schaden, so sollst du geben Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Beule um Beule, Wunde um Wunde.
2 Mose 21, 23-25

Übrigens in vielen biblischen Versen sieht Gott ungeborene Kinder als wertvolle Menschen. Ich zitiere einige davon:

Das Kind im Mutterleib ist bereits eine „Schöpfung“ Gottes. Es wird nicht ein Geschöpf erst bei der Geburt:

Hat nicht auch ihn erschaffen, der mich im Mutterleibe schuf, hat nicht der „Eine“ uns im Mutterschoß bereitet?
Hiob 31, 15

Es wird schon von Gott als Person gesehen und hat bei ihm schon einen Namen:

Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merkt auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.
Jesaja 49, 1

Jeremia beschwert sich bei Gott, dass sein Prophetenamt ihm eine Last geworden ist und macht Gott den Vorwurf ihn nicht vor seiner Geburt getötet zu haben. Das Verb bedeutet hinrichten. Eine Hinrichtung ist im Grunde, was bei einer Abtreibung geschieht.

…weil er mich nicht getötet hat im Mutterleibe, sodass meine Mutter mein Grab geworden und ihr Leib ewig schwanger geblieben wäre!
Jeremia 20, 17

Es ist eine echte Tragödie, wenn eine Frau ein ungewolltes Kind erwartet. Deshalb sollte unsere Gesellschaft in diesem Fall die notwendige Unterstützung anbieten. Was sie auf gar keinen Fall tun sollte: das Lebensrecht der Ungeborenen missachten.  Wer das tut, missachtet nicht nur das Geschöpfe sondern den Schöpfer selbst.

4 Kommentare

  1. Hallo,
    Danke für den sehr informativen Artikel. Lediglich ein Argument der Abtreibungsbefürworter ist verblieben:
    Nämlich, dass es heisst, dass Jesus an Weihnachten Mensch geworden sei. Dann war er es vor seiner Geburt nicht, so die Kritiker.
    Was sagst du dazu? Kann dir die Bibelstelle grade nicht zitieren, bin mit dem Handy online!
    Gruss,
    Lazar

  2. Hallo Lazar,
    ich verstehe nicht wirklich, in wie weit dies ein Argument für die Abtreibungsbefürworter ist.
    Es geht im Grunde zu verstehen, dass jede menschliche Geburt kein Zufall ist, sondern von Gott geplant wurde, genauso wie die Menschwerdung des ewigen Sohnes Gottes geplant war.

  3. Interessant, Du hast auch Stellen ausgelegt, die Abtreibungsgegner sonst ignorieren!
    „Das Argument, dass man atmen muss, um als lebendiges Wesen zu gelten, ist auch lächerlich…“ Es geht hier nich so sehr um das Atmen, sondern darum, dass Gott erst den Körper schafft und dann (später) durch seinen Atem beseelt.
    Ein interessante Stelle für euch könnte auch noch 4. Mose 5 sein: das fluchbringende Wasser. Hier fordert Gott im Gesetz des Mose eine Art Abtreibung. Wenn eine Frau im Verdacht ist, Ehebruch begangen zu haben, wird ihr ein Mittel verabreicht, das mit Gottes Hilfe die mögliche Schwangerschaft durch den fremden Samen abtötet und sie unfruchtbar macht. Ist sie unschuldig, kann sie weiter Kinder bekommen.

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