Vor einigen Jahrhunderten hätte keiner in Europa eine solche Frage gestellt. Es stand außer Frage, dass das Christentum die einzig wahre Religion war. Wenn ich heute behaupten würde, dass meine Religion die einzig richtige ist, würde ich auf keine große Zustimmung stoßen. Es ist nämlich total modern zu denken, dass jeder irgendwie Recht hat, dass Glaube Privatsache ist und dass seine Meinung über die Meinungen der anderen zu stellen, inakzeptabel ist.
Was hat dazu geführt?
1.Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft und das Zusammenkommen der Kulturen in unserem „globalen Dorf“ zwingt irgendwie jeden, andere Religionen und Weltansichten zu akzeptieren, denn sonst wäre ein Zusammenleben unmöglich.
2.Viele unserer Mitmenschen spüren eine tiefe Abneigung gegen die „Kirche“ als Institution. Die letzten Skandale in der katholischen Kirche verstärken diesen Trend. Warum sollten diese Menschen nicht andere Spiritualitäten kennen lernen?
3.Die Aufklärung hat uns irgendwie in eine Sackgasse geführt. Da wir nicht mehr über Gott objektiv reden können, müssen wir uns mit relativen und subjektiven Aussagen begnügen: Das ist meine Meinung, ich denke, ich vermute…
4.Komischerweise findet eine Spaltung in der Gesellschaft statt: viele Menschen verwerfen mit Recht den religiösen Radikalismus, wo andere gerade in diesen Radikalismus verfallen, weil sie auf der Suche nach absoluten Werten sind, die ihnen in unserem multireligiösen System vorenthalten sind. Weiterlesen „Führen alle Religionen zu Gott?“